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Kirchengebäude wird zum Konzertsaal umgebaut

3,7 Mio. Euro EFRE-Mittel für Umbau der Liebfrauenkirche in Wernigerode

(Von Alexander Lorber, 22.06.2020)

Nach einem schweren Brand im Jahr 1751 wurde die Liebfrauenkirche in Wernigerode komplett zerstört, konnte aber mit finanzieller Unterstützung des dänischen Königshauses in den Jahren zwischen 1756 und 1762 neu aufgebaut werden. Sie ist eine Saalkirche, in der sich die Kanzel und der Altar in der Mitte befinden. Im Jahr 2018 verkaufte die Kirchgemeinde St. Sylvestri und Liebfrauen das Kirchengebäude an die Kulturstiftung Wernigerode, die bereits konkrete Pläne für einen Umbau der Kirche in ein Konzerthaus hatte. „Erste Pläne dafür gab es schon 2006, aber uns fehlten lange Zeit die nötigen Mittel, um das Vorhaben umzusetzen“, erklärt Rainer Schulze, Gründer der Kulturstiftung Wernigerode. Dass der Umbau jetzt beginnen konnte, hat vor allem eine hohe Fördersumme von rund 3,7 Mio. Euro aus dem EFRE-Kulturerbeprogramm möglich gemacht. Das EU-Programm verfolgt mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) das Ziel, kulturelles Erbe zu erhalten und weiterzuentwickeln sowie die Attraktivität der Städte und Regionen für Bewohner und Touristen zu erhöhen. Der Umbau der Liebfrauenkirche in ein Konzerthaus mit rund 500 Sitzplätzen ist vor allem für das Philharmonische Kammerorchester von Wernigerode, das bisher über keinen ständigen Sitz verfügt, eine erfreuliche Nachricht.

Das Kircheninventar bleibt erhalten
Der Umbauplan der Kulturstiftung Wernigerode für die Liebfrauenkirche sieht vor, die Hauptrichtung der Kirche, die auf den Altar zur Mitte gerichtet ist, um 90 Grad in Richtung Orgel zu drehen. Dadurch ändert sich die Sitzordnung, die dann nicht mehr auf den Altar zuläuft, sondern auf die Westseite der Kirche. Da die alten Kirchenbänke nicht sonderlich bequem sind, wird das Gestühl komplett ausgetauscht. Der Altar bleibt jedoch erhalten, wie auch eine Grafenloge auf der gegenüberliegenden Seite, in der früher die Ratsherren Platz genommen haben. So bleibt das Gebäude trotz der Umgestaltung zum Großteil als evangelische Kirche erkennbar, versichert Schulze. „Trotzdem steht uns noch eine Menge Arbeit bevor, bis aus der barocken Kirche ein professioneller Konzertsaal geworden ist“, sagt der Stiftungsvorsitzende. „Neben einer Klimaanlage ist vor allem ein ordentlicher Backstage-Bereich für die auftretenden Künstler wichtig“, erklärt er und betont, dass der neue Konzertsaal vor allem für das Kammerorchester ein echter Segen ist: „Zurzeit spielt das Orchester mal im Audimax der Hochschule, mal in einer Turnhalle. Aber ein fester Aufführungsort fehlte bislang. Der Chef des Kammerorchesters wollte eigentlich bald in den Ruhestand gehen, aber nachdem er jetzt vom Umbau der Kirche in ein Konzerthaus erfahren hat, will er nochmal so richtig Gas geben.“

Die Kirche erwies sich als echter Glücksgriff
Als Rainer Schulze im Zuge der Planung für den Umbau der Kirche die Akustik im Inneren prüfen ließ, erwartete ihn noch eine besondere Überraschung: „Wir hatten die Akustiker bestellt, die für uns nachprüfen sollten, was noch zu tun wäre, um einen guten Klang in den Räumlichkeiten zu gewährleisten“, berichtet Schulze. „Die Akustiker stellten allerdings fest, dass die Akustik ganz hervorragend ist und sich kaum verbessern lässt. Somit erwies sich das Kirchengebäude für uns als ein echter Glücksgriff“, sagt Rainer Schulze. Neben dem Kammerorchester dürfte sich auch die Stadt Wernigerode über die Umbauarbeiten in der Liebfrauenkirche freuen. Rund 2,5 Mio. Touristen besuchen Wernigerode jedes Jahr. „Ein umfangreiches Konzertangebot könnte der touristischen Attraktivität der Stadt nochmal einen ordentlichen Schub geben“, meint Rainer Schulze. Schließlich gebe es im Umkreis von 100 Kilometern um Wernigerode herum kein vergleichbares Konzerthaus in ähnlicher Größe. „Wir haben mit einem guten Programm die Chance, viele Menschen aus dem Umland anzuziehen und ihnen vor Ort ein unvergleichliches Konzerterlebnis zu verschaffen“, sagt Schulze. Am Programm für 2022 wird bereits gearbeitet.

EFRE sorgt für den Erhalt von Kulturgut
Ohne die europäischen Fördergelder hätten weder die Stadt, noch die Stiftung den Umbau in ein Konzerthaus aus eigener Tasche finanzieren können: „Die Kulturstiftung ist eine arme Kirchenmaus. Wir sind ja nicht profitorientiert, sondern wollen das kulturelle Angebot in Wernigerode fördern und bewahren.“ Das EFRE-Kulturerbeprogramm sei dabei gleich in zweifacher Hinsicht eine große Hilfe gewesen, sagt Schulze: „Wir können einerseits ein denkmalgeschütztes Bauwerk sanieren und für die Nachwelt erhalten und schaffen andererseits neuen Raum für die Kunst in Wernigerode“, so Schulze. Denn die Kirche könne schließlich nicht nur vom Kammerorchester, sondern auch für einheimische Chöre, die hiesige Musikschule, städtische Höhepunkte und Feierlichkeiten genutzt werden. Auch Schauspiele, Tanz, Lesungen und Orgelkonzerte können ins Programm aufgenommen werden. Der Betrieb des Kultursaals wird von der Kulturstiftung Wernigerode organisiert. Die Stiftung hat dazu eine Agentur gegründet, die eng mit dem Kammerorchester zusammenarbeitet. Im September 2020 ist ein erstes Baustellenkonzert mit dem Kammerorchester geplant. Außerdem soll es Baustellenbesichtigungen geben, damit Interessierte das Kircheninnere bald aus nächster Nähe bestaunen können.

Hier finden Sie weitere interessante Beispiele, wie die Menschen von EU-Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-Anhalt nachhaltig profitieren.

Weitere Quellen:

Internetauftritt des Konzerthauses Liebfrauen Wernigerode: https://konzerthaus-wernigerode.de/konzerthaus.html

Website der Stadt Wernigerode: https://www.wernigerode.de/

Portal „Europa vor Ort in Sachsen-Anhalt“ der Europäischen Kommission