Menu
menu

Wo steckt der Feh­ler?

Das Fraun­ho­fer CAM er­hält einen EU-​geförderten Er­wei­te­rungs­bau und hoch­mo­der­ne Ge­rä­te

(Von Syl­via Bösch, 19.02.2020)

„Bril­len­glä­ser haben ein sehr kom­ple­xes Be­schich­tungs­sys­tem. Die Be­schich­tung muss genau den ent­spre­chen­den Vor­ga­ben fol­gen, damit keine Brü­che, Krat­zer oder nicht be­schich­te­te Be­rei­che ent­ste­hen“, er­klärt Prof. Dr. Mat­thi­as Pet­zold. Die Suche nach Feh­lern und De­fek­ten in Pro­duk­ten wie Bril­len­glä­sern ist ein we­sent­li­cher Be­stand­teil sei­ner For­schungs­ar­beit am Fraunhofer-​Kompetenzzentrum für an­ge­wand­te Elek­tro­nen­mi­kro­sko­pie und Mi­kro­struk­tur­dia­gnos­tik CAM in Halle. „Be­reits bei tech­no­lo­gi­schen Neu­ent­wick­lun­gen ver­su­chen wir, Feh­ler nach Mög­lich­keit aus­zu­mer­zen. In der lau­fen­den Fer­ti­gung geht es darum, Aus­fäl­le zu ver­ste­hen, um die Qua­li­tät und Zu­ver­läs­sig­keit der Pro­duk­te ent­spre­chend zu ge­währ­leis­ten“, so der In­sti­tuts­lei­ter. Neben Be­schich­tun­gen ana­ly­siert er mit sei­nem Team zum Bei­spiel Pro­duk­te im elek­tro­ni­schen Be­reich. Dazu zäh­len etwa Schalt­krei­se, die bei Autos für die Ge­trie­be­steue­rung oder für Si­cher­heits­bau­ele­men­te wie zur Airbag-​Auslösung ein­ge­setzt wer­den. Durch elek­tri­sche Über­las­tung kön­nen Durch­brü­che ent­ste­hen. Au­ßer­dem kön­nen De­fek­te auf­tre­ten, wenn Löt­stel­len nicht or­dent­lich aus­ge­führt wor­den sind. Auch Bau­tei­le für neue As­sis­tenz­sys­te­me in der Au­to­mo­bil­tech­nik kön­nen nur zu­ver­läs­sig funk­tio­nie­ren, wenn das Ver­hal­ten der ein­ge­setz­ten Werk­stof­fe bis ins kleins­te De­tail ver­stan­den ist. „Es gibt eine große Band­brei­te an po­ten­zi­el­len Pro­ble­men, die bei der Her­stel­lung, durch Über­las­tung oder durch Schwä­chen beim Ein­satz auf­tre­ten“, sagt Pet­zold.

Kun­den sind klei­ne re­gio­na­le Un­ter­neh­men und In­dus­trie­kon­zer­ne
Das Fraun­ho­fer CAM un­ter­stützt mit sei­ner Ex­per­ti­se nicht nur große In­dus­trie­kon­zer­ne, son­dern auch viele klei­ne Un­ter­neh­men in der Re­gi­on. An­wen­dungs­fel­der lie­gen vor allem in der Au­to­mo­bil­elek­tro­nik, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik, Medizin-​ und Kon­sum­gü­ter­in­dus­trie, der Leis­tungs­elek­tro­nik für die Energie-​ und In­dus­trie­tech­nik sowie für hoch­kom­ple­xe op­ti­sche Ma­te­ria­li­en. Über die Feh­ler­su­che hin­aus ent­wi­ckeln die For­scher zu­sam­men mit Ana­ly­tik­ge­rä­te­her­stel­lern auch mi­kro­struk­tu­rel­le Dia­gnos­tik­me­tho­den wei­ter, um diese leis­tungs­fä­hi­ger zu ma­chen. Vor Ort ar­bei­tet das Fraun­ho­fer CAM zum Bei­spiel mit der Firma Point Elec­tro­nic in Halle zu­sam­men, die Sys­te­me zur di­gi­ta­len Bild­auf­nah­me und An­steue­rung elek­tro­nen­op­ti­scher Säu­len an­bie­tet. „Dort lie­fern wir Mög­lich­kei­ten, mit denen man Feh­ler in elek­tro­ni­schen Bau­ele­men­ten bes­ser iden­ti­fi­zie­ren kann. Da­durch er­mög­li­chen wir die Wei­ter­ent­wick­lung der mi­kro­struk­tu­rel­len Ana­ly­se­tech­nik, die Point Elec­tro­nic dann auf den in­ter­na­tio­na­len Markt bringt“, so Pet­zold.

778 Qua­drat­me­ter zu­sätz­li­che Nutz­flä­che
Mit neuen La­bo­ren, Bü­ro­räu­men und Ge­rä­ten hat das Fraun­ho­fer CAM seit ver­gan­ge­nem Jahr noch bes­se­re Mög­lich­kei­ten, Ma­te­ria­li­en bis auf die ato­ma­re Ebene zu un­ter­su­chen und somit deren Leis­tungs­fä­hig­keit, Si­cher­heit und Le­bens­dau­er zu stei­gern. Die alles ent­schei­den­de Frage „What Went Wrong?“ (Wo steckt der Feh­ler?), der die Mit­ar­bei­ten­den am Fraun­ho­fer CAM mit Blick auf Werk­stof­fe und elek­tro­ni­sche Bau­ele­men­te sowie Op­ti­sche Ma­te­ria­li­en und Tech­no­lo­gien jeden Tag nach­ge­hen, ist in gro­ßen Let­tern an der Wand des neuen Ge­bäu­des zu lesen. Seit dem Bau­be­ginn im Fe­bru­ar 2017 sind 778 Qua­drat­me­ter an zu­sätz­li­cher Nutz­flä­che ent­stan­den und 25 neue High-​Tech-Arbeitsplätze. Von den Ge­samt­kos­ten von rund 9,9 Mil­lio­nen Euro in­ves­tier­te man rund 4,5 Mil­lio­nen Euro in neue Ge­rä­te­tech­nik. Das Ge­samt­pro­jekt wurde mit fast 5 Mil­lio­nen Euro aus dem Eu­ro­päi­schen Fonds für re­gio­na­le Ent­wick­lung (EFRE) un­ter­stützt sowie durch Mit­tel des Bun­des und des Lan­des Sachsen-​Anhalt. Zu den neuen For­schungs­ge­rä­ten ge­hö­ren etwa ein son­den­kor­ri­gier­tes Höchstauflösungs-​Transmissionselektronenmikroskop – das erste Gerät die­ser Leis­tungs­klas­se in Eu­ro­pa, ein Flugzeit-​Sekundärionenmassenspektrometer für Ober­flä­chen­ana­ly­tik und ein Ras­ter­elek­tro­nen­mi­kro­skop für Na­no­pro­bing, das kom­bi­niert mit fo­kus­sie­ren­der Io­nen­strahl­tech­nik ein­ge­setzt wer­den kann.

Auch Zahn­pas­ta und Kli­ma­schutz ge­hö­ren zur For­schung
Die er­wei­ter­ten Mög­lich­kei­ten des Fraun­ho­fer CAM kom­men auch all­täg­li­chen Pro­duk­ten wie etwa Zahn­pas­ta oder neuen In­no­va­tio­nen für den Kli­ma­schutz zu­gu­te. „Zahn­pfle­ge­pro­duk­te müs­sen hin­sicht­lich der Wech­sel­wir­kung ihrer Kom­po­nen­ten mit der mensch­li­chen Zahn­ober­flä­che ana­ly­siert wer­den“, er­klärt Pet­zold. Au­ßer­dem un­ter­sucht er mit sei­nem Team die De­fekt­bil­dung, Mi­kro­struk­tur und Ma­te­ri­al­ei­gen­schaf­ten von So­lar­zel­len. Diese Un­ter­su­chun­gen sol­len auch auf das Thema Was­ser­stoff aus­ge­brei­tet wer­den. „Wir sind froh, dass uns die EU-​Förderung die Mög­lich­keit gibt, unser er­folg­rei­ches Ge­schäfts­mo­dell sowie un­se­re For­schungs­ar­bei­ten zu er­wei­tern und uns für die Zu­kunft zu rüs­ten“, be­tont Pet­zold. „Es ist ganz wich­tig, dass wir un­se­ren Stand­ort stär­ken und unser Know-​how auch den klei­ne­ren Un­ter­neh­men in der Re­gi­on an­bie­ten kön­nen.“

Hier fin­den Sie wei­te­re in­ter­es­san­te Bei­spie­le, wie die Men­schen von EU-​Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-​Anhalt nach­hal­tig pro­fi­tie­ren.

Wei­te­re Quel­len:
Pres­se­por­tal „Eu­ro­pa vor Ort in Sachsen-​Anhalt" der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on

Pres­se­mit­tei­lung zur fei­er­li­chen Er­öff­nung des Er­wei­te­rungs­baus:
https://www.imws.fraun­ho­fer.de/de/pres­se/pres­se­mit­tei­lun­gen/cam-​erweiterung-materialdiagnostik-ausstattung.html

Mehr Infos zu Prof. Pet­zold:
https://www.imws.fraun­ho­fer.de/de/in­sti­tut/or­ga­ni­sa­ti­on/in­sti­tuts­lei­tung.html 
https://www.imws.fraun­ho­fer.de/de/pres­se/pres­se­mit­tei­lun­gen/petzold-​leitung-fraunhofer-imws.html