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Zu­zugs­ma­nage­ment für die Ver­bands­ge­mein­de

West­li­che Börde bringt mit ESF-​Mitteln neues Leben in alte Häu­ser

(Von Alex­an­der Lor­ber, 09.03.2021) 

Viele länd­li­che Ge­mein­den und Kom­mu­nen in Sachsen-​Anhalt lei­den unter Ein­woh­ner­schwund, weil es die Men­schen in die gro­ßen Städ­te zieht. Auch die Ver­bands­ge­mein­de West­li­che Börde im Land­kreis Börde ver­zeich­ne­te in den letz­ten Jah­ren einen Rück­gang der Ein­woh­ner­zah­len. Zur Ver­bands­ge­mein­de ge­hö­ren die Ort­schaf­ten Am Gro­ßen Bruch, Aus­le­ben, Grö­nin­gen und Krop­pen­stedt. Viele alte Häu­ser und Höfe in den Mit­glieds­ge­mein­den ste­hen leer. „Da­ge­gen muss­ten wir un­be­dingt etwas un­ter­neh­men“, sagt Fa­bi­an Stan­ke­witz, der Ver­bands­ge­mein­de­bür­ger­meis­ter der West­li­chen Börde. Seit Juli 2020 hat die Ge­mein­de ein Zu­zugs­ma­nage­ment. Dabei han­delt es sich um eine Kam­pa­gne mit dem Ziel, leer­ste­hen­de Ge­bäu­de wie­der zu ver­mark­ten. Das Vor­ha­ben wird in Höhe von rund 25.000 Euro aus Mit­teln des Eu­ro­päi­schen So­zi­al­fonds (ESF) aus dem För­der­an­satz CLLD ge­för­dert, da hier­über die Ent­wick­lung und die Um­set­zung in­di­vi­du­el­ler Pro­jek­te zur Be­wäl­ti­gung so­zia­ler Fol­gen des de­mo­gra­phi­schen und struk­tu­rel­len Wan­dels mög­lich ist. Das Zu­zugs­ma­nage­ment soll dem Ge­bäu­de­leer­stand aktiv ent­ge­gen­wir­ken. Au­ßer­dem will die Ver­bands­ge­mein­de die An­sied­lung klei­ner Un­ter­neh­men för­dern und ins­be­son­de­re junge Fa­mi­li­en mit po­si­ti­ven An­rei­zen für das Leben auf dem Land be­geis­tern.

In der Be­zeich­nung des För­der­pro­gramms steht CLLD als Ab­kür­zung für „community-​led local de­ve­lo­p­ment“, also von der ört­li­chen Be­völ­ke­rung be­trie­be­ne Maß­nah­men zur lo­ka­len Ent­wick­lung. Bei Vor­ha­ben, die über den LEA­DER/CLLD-​Ansatz ge­för­dert wer­den, ent­schei­den lo­ka­le Ak­ti­ons­grup­pen aus Sachsen-​Anhalt, wel­che Pro­jek­te vor der ei­ge­nen Haus­tür eine Un­ter­stüt­zung er­hal­ten sol­len. 

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen er­hal­ten Sie unter: https://lea­der.sachsen-​anhalt.de/ 

Mit CLLD-​Mitteln gegen den Leer­stand

Bevor das Zu­zugs­ma­nage­ment star­ten konn­te, führ­ten die Mit­ar­bei­ter der Ver­wal­tung ge­mein­sam mit Fa­bi­an Stan­ke­witz zu­nächst eine Be­stands­auf­nah­me aller be­trof­fe­nen Im­mo­bi­li­en durch: „So er­hiel­ten wir einen ers­ten Über­blick über den Leer­stand in der ge­sam­ten Ver­bands­ge­mein­de“, er­zählt Stan­ke­witz. „Dabei zähl­ten wir rund 200 un­be­wohn­te Häu­ser und Höfe, die wir wie­der auf den Markt brin­gen woll­ten“, be­rich­tet der Ver­bands­ge­mein­de­bür­ger­meis­ter. An­schlie­ßend wur­den die ers­ten Ei­gen­tü­mer von Im­mo­bi­li­en in der West­li­chen Börde kon­tak­tiert. Al­ler­dings fehl­ten der Ver­wal­tung die per­so­nel­len Ka­pa­zi­tä­ten, um die Ver­mark­tung der Häu­ser an­zu­ge­hen. „Die­ses Pro­blem ist mitt­ler­wei­le ge­löst, da wir über EU-​Geld des För­der­an­sat­zes CLLD die Lan­des­ent­wick­lungs­ge­sell­schaft SALEG als ex­ter­nen Dienst­leis­ter für das Zu­zugs­ma­nage­ment ge­win­nen konn­ten“, sagt Stan­ke­witz. Ver­ant­wort­lich für das Pro­jekt sind Chris­ti­an Haupt und Heidi Kas­zu­bow­ski von der SALEG. „Sie haben aus dem Da­ten­be­stand, den wir zuvor ge­sam­melt hat­ten, ganz kon­kre­te An­ge­bo­te er­ar­bei­tet“, er­klärt Stan­ke­witz. Auf dem In­ter­net­auf­tritt der Ge­mein­de kann man unter der Ru­brik „Bauen + Kau­fen“ die Exposés zu den ein­zel­nen Im­mo­bi­li­en ein­se­hen. „Dort fin­den In­ter­es­sen­ten alles Wis­sens­wer­te über die Größe der Grund­stü­cke, das Bau­jahr und über noch not­wen­di­ge In­ves­ti­tio­nen am Ge­bäu­de“, er­läu­tert Fa­bi­an Stan­ke­witz.

Mar­ke­ting und Be­ra­tung ste­hen im Fokus

Eine zen­tra­le Auf­ga­be des Zu­zugs­ma­nage­ments liegt im Mar­ke­ting: „Wir möch­ten zu­nächst auf die West­li­che Börde als at­trak­ti­ven Stand­ort zum Woh­nen und Ar­bei­ten auf­merk­sam ma­chen“, er­klärt Stan­ke­witz. „Dazu ge­hört auch die Teil­nah­me an Mes­sen, um zum Bei­spiel mit jun­gen Fa­mi­li­en in Kon­takt zu kom­men, die sich nach Wohn­ei­gen­tum um­schau­en.“ Lei­der hat die Corona-​Pandemie das Zu­zugs­ma­nage­ment bei der Pla­nung von Mes­se­stän­den etwas aus­ge­bremst. „Daher haben wir un­se­re Ak­ti­vi­tä­ten im In­ter­net ver­stärkt und zum Bei­spiel Wer­bung auf Face­book ge­macht sowie ei­ni­ge Häu­ser auf einem be­kann­ten Online-​Immobilienportal in­se­riert“, be­rich­tet Stan­ke­witz. Zudem wurde ein vir­tu­el­ler Stadt­plan auf der In­ter­net­sei­te der Ge­mein­de ein­ge­stellt, auf dem die Stand­or­te aller frei­en Im­mo­bi­li­en an­ge­zeigt wer­den. „So kön­nen auch In­ter­es­sen­ten von au­ßer­halb auf einen Blick sehen, wie at­trak­tiv die Lage einer Im­mo­bi­lie ist.“ Vor Kur­zem hat ein Ber­li­ner ein Grund­stück in Grö­ning ge­kauft und baut jetzt dar­auf eine Stadt­vil­la. „Ich hätte nie ge­dacht, dass wir einen In­ter­es­sen­ten aus der Haupt­stadt für ein sol­ches Grund­stück im länd­li­chen Raum ge­win­nen“, so der Ver­bands­ge­mein­de­bür­ger­meis­ter. „Genau dafür ist das Zu­zugs­ma­nage­ment da!“

Die Ge­mein­de hat mit den EU-​Mitteln neben dem Mar­ke­ting auch ihr Be­ra­tungs­an­ge­bot ver­bes­sern kön­nen. Im Fokus ste­hen po­ten­zi­el­le In­ves­to­ren, zum Bei­spiel junge Fa­mi­li­en, die die Ge­mein­de nicht nur für ihre Neu­bau­flä­chen, son­dern auch für Al­t­im­mo­bi­li­en be­geis­tern möch­te: „Wie viele an­de­re Kom­mu­nen haben auch wir im his­to­ri­schen Stadt­kern sehr in­ter­es­san­te Im­mo­bi­li­en, an die sich aber kaum je­mand her­an­traut. Oft haben junge Fa­mi­li­en durch­aus In­ter­es­se an schö­nen alten Ge­bäu­den, ihnen fehlt aber die Er­fah­rung und sie fürch­ten un­kal­ku­lier­ba­re Kos­ten.“ Die Zu­zugs­ma­na­ger sol­len ihnen als An­sprech­part­ner zur Seite ste­hen, um ihnen die Angst vor hohen Kos­ten zu neh­men und sie auf steu­er­li­che Ver­güns­ti­gun­gen hin­zu­wei­sen. „In sol­chen Fäl­len kann auch ein ex­ter­ner Sach­ver­stän­di­ger für ein Gut­ach­ten ein­ge­schal­tet wer­den. Dar­über hin­aus kön­nen junge Fa­mi­li­en auch Un­ter­stüt­zung bei Be­hör­den­gän­gen sowie in Fra­gen rund um Schu­le oder Kita er­hal­ten“, so Stan­ke­witz. „Wir haben wirk­lich alle Hebel in Be­we­gung ge­setzt, um die Ein­woh­ner­zah­len zu sta­bi­li­sie­ren. Schließ­lich sol­len mög­lichst alle Schu­len und Kitas auf dem Land auch in Zu­kunft ge­öff­net blei­ben.“ Der Plan scheint auf­zu­ge­hen. Die Ge­mein­de ver­zeich­ne­te zu­letzt sogar wie­der einen leich­ten Zuzug.

Die Re­gi­on ins Ge­spräch ge­bracht

Das Zu­zugs­ma­nage­ment wird noch bis 2022 über die CLLD-​Mittel ge­för­dert. Da­nach soll sich das An­ge­bot ver­ste­ti­gen, sagt Fa­bi­an Stank­witz: „Der Be­stand soll na­tür­lich wei­ter ge­pflegt wer­den. Auch die Teil­nah­me an Mes­sen oder das Be­ra­tungs­an­ge­bot sol­len mög­lichst be­stehen blei­ben.“ Ihm sei wich­tig, dass Men­schen auf die Re­gi­on auf­merk­sam wer­den, damit sich her­um­spricht, was das Leben auf dem Land alles zu bie­ten hat. In einem an­de­ren Pro­jekt mit Mit­teln vom Land baut die Ge­mein­de ge­ra­de eine ehe­ma­li­ge Schu­le zum Co-​Working-Space für Grün­de­rin­nen und Grün­der aus. „Von sol­chen An­zie­hungs­punk­ten pro­fi­tiert auch das Zu­zugs­ma­nage­ment“, sagt Stan­ke­witz.

Hier fin­den Sie wei­te­re in­ter­es­san­te Bei­spie­le, wie die Men­schen von EU-​Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-​Anhalt nach­hal­tig pro­fi­tie­ren.

 

Wei­te­re Quel­len: