Die Hochschulen öffnen sich
Praxisnahe Weiterbildung für Fach- und Führungskräfte
(Text: Bianca Kahl)
Im „Elfenbeinturm der Führungstheorien“ möchte Dr. Michael Hoffmann nicht sitzen. Das muss er auch nicht. Als Professor für Unternehmensführung und Management an der Hochschule Magdeburg-Stendal befasst er sich unter anderem intensiv mit neuesten Studienergebnissen aus seinen Fachgebieten. Doch das wertvolle Wissen vermittelt er nicht nur an Studierende, die Führungskräfte von morgen.
Heute sitzt vor dem Professor ein Dutzend Frauen und Männer, deren Berufsabschlüsse schon lange hinter ihnen liegen. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen – von sozialen Organisationen, aus der Bau- oder Immobilienbranche – und tragen Verantwortung für mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es sind nicht die Führungskräfte von morgen, sondern die von heute. Von den Worten Hoffmanns können sie ein eigenes Lied singen. „Die Anforderungen an Führungskräfte sind deutlich gestiegen“, sagt er. „Und zwar in allen Branchen.“ Es gehe nicht nur darum, die eigenen Arbeitsaufgaben zu bewältigen, sondern man müsse nebenher noch den Wandel gestalten, Menschen führen und natürlich methodisch und fachlich gut sein.
Michael Hoffmann möchte mit seinen Zuhörerinnen und Zuhörern einen Tag lang gemeinsam „visualisieren und diskutieren“. Sein Seminar „Rolle der Führungskraft“ ist Teil eines Weiterbildungspaketes für Fach- und Führungskräfte. Es ist eigens ausgerichtet auf die Bedürfnisse und das Zeitbudget von Menschen, die voll im Berufsleben stehen. Die Veranstaltungen sind ein gemeinsames Angebot von der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und richten sich an kleine und mittelständische Unternehmen sowie Einrichtungen im Land. Dabei geht es nicht primär um zeitaufwändige Wissensvermittlung, sondern um die Praxisnähe, also die Erweiterung von Kompetenzen.
Zu Beginn des Seminars hat Hoffmann seine Zuhörerinnen und Zuhörer nach ihren Wünschen und Interessen gefragt. Dem nachgehend, bereitet er die neuesten Ergebnisse aus Managementstudien anwendungsorientiert auf. Später wird er mit den Frauen und Männern Fallstudien betrachten und ihre eigenen Probleme aus der Praxis besprechen. Mit welcher Generation haben es diese Führungskräfte bei der Arbeit zu tun, mit welchen Mitarbeitertypen? Wen sprechen sie am besten mit welchem Führungsstil an? Wie können sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren, wie binden sie sie ans Unternehmen? Das sind Fragen, die behandelt werden.
Der demografische Wandel, der Mangel an Fachkräften sowie Automatisierung und Technologisierung wälzen gerade die Unternehmenslandschaft gehörig um. Der Bedarf an Weiterbildung steigt enorm. Das hat auch die Politik erkannt. Der Aufbau des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung, der gemeinsamen Dachstruktur der Magdeburger Hochschulen, wird aus der öffentlichen Hand gefördert. Allein rund 500.000 Euro kamen bisher aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Weitere 570.000 Euro aus dem Fonds wurden einem Schwesterprojekt zur Verfügung gestellt, der „Vernetzung berufsbegleitender Studienangebote für KMU" der Hochschulen Merseburg, Harz und Anhalt.
In beiden Fällen wurden in den vergangenen eineinhalb Jahren Netzwerke zwischen Hochschulen aufgebaut. Ziel ist, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Fachkräften im Land dauerhaft gute Angebote zu machen. Kontaktpersonen vor Ort bilden die Schnittstelle zu den einzelnen Fachbereichen, stehen den Unternehmen für Nachfragen zur Verfügung, analysieren den Bedarf, planen und bewerben die Angebote. Möglich ist alles – vom Seminarschein über Hochschulzertifikate bis hin zum Bachelor- und Masterabschluss.
„Wir haben in Sachsen-Anhalt eine sehr gute Hochschulstruktur“, sagt Michael Hoffmann. Davon können mittlerweile nicht nur die Studierenden profitieren. Denn die Hochschulen öffnen sich mehr und mehr auch nach außen, sind stark am Wissenstransfer in die Praxis interessiert und umgekehrt an der Rückkopplung aus der Wirtschaft. Welche Theorien bewahrheiten sich? Welche Probleme tun sich auf, wo lohnt es, an neuen Lösungen zu forschen? Beide Seiten können profitieren.
"Oft machen die Führungskräfte genau das Richtige, aber es fehlt das Erklärungsmuster", hat der Professor beobachtet. Genauso sei es den Unternehmen in der Regel sehr wohl bewusst, dass enormer Handlungsbedarf besteht und sie sich intensiv mit Personalentwicklung oder strategischer Unternehmensplanung befassen müssten. Doch häufig sind sie zu klein und können das nebenher zum Tagesgeschäft einfach nicht leisten. „Ich sehe das als meinen Beitrag zur Wirtschaftsförderung“, sagt Michael Hoffmann angesichts seines Engagements nebenher zu seinen eigentlichen Aufgaben an der Hochschule.
www.hs-magdeburg.de/weiterbildung
www.ovgu.de/zww
www.hs-merseburg.de/Weiterbildung
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www.hs-harz.de/transferzentrum