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„Die Tafel ist für die Menschen da“

ESF finanziert über LEADER/CLLD Vollzeitstelle bei der Stendaler Tafel

(Von Sylvia Bösch, 12.03.2020)

Etwa 1.500 Bewohner in der ländlichen Altmark kommen jeden Monat zur Tafel in Stendal oder in eine der drei Außenstellen in Osterburg, Tangerhütte und Tangermünde. Dort erhalten sie kostenlose Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Brot, Wurst und Käse, aber auch Kuchen und Süßigkeiten. Lebensmittel, die sie sich sonst von ihrem kleinen Einkommen nicht ohne Weiteres leisten könnten. Jeden Dienstag werden in den Außenstellen im Wechsel Lebensmittel herausgegeben. In Stendal findet die Essensausgabe jeden Samstag von 12 bis 14 Uhr statt. „Ab 11 Uhr dürfen schon alle zu uns hereinkommen, die nicht mehr so lange stehen können, etwa Rentner und Gehbehinderte. Die Ware bekommen sie von den Mitarbeitern hinter dem Tresen in eine Tüte gepackt, die sie selber mitbringen“, erzählt Melanie Märtens, Leiterin der Stendaler Tafel. Die 33-Jährige ist für das Projektmanagement und die organisatorische Abwicklung der Tafel verantwortlich. Unterstützt wird sie von rund 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die meisten sind ehrenamtlich tätig. Acht der Mitarbeiter sind Ein-Euro-Jobber oder sogenannte Bufdis (Bundesfreiwilligendienstleistende).

Zusammenarbeit mit Lebensmittelmärkten
„Wir holen die Ware jeden Tag aus den Läden in der Umgebung ab, sortieren und lagern sie. Spenden von Privatleuten müssen ebenfalls abgeholt werden. Eine meiner wichtigsten Aufgaben ist die Kooperation und Zusammenarbeit mit den Geschäften und den Lebensmittelmärkten, von denen wir unsere Waren erhalten“, erläutert Melanie Märtens. Außerdem koordiniert sie die Lebensmittel-Ausgaben. Sie stellt sicher, dass die Ware rechtzeitig geliefert und genug Mitarbeiter vor Ort sind, die alles vorbereiten und die Lebensmittel ausgeben. Tätigkeiten wie die Kooperation und Abrechnung mit dem Arbeitsamt sowie das Schreiben von Dienstplänen zählen ebenfalls zu ihren Aufgaben. Also alles, was zur Organisation gehört, wenn man für ein Team verantwortlich ist. Ihre Vollzeitstelle wird im EU-Projekt „Tafel 2020“ größtenteils über den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert, der im Rahmen von CLLD lokale Projekte unterstützt, die von der örtlichen Bevölkerung ausgewählt wurden. An den Gesamtkosten von 73.600 Euro beteiligt sich die EU mit 58.880 Euro.

Tafel für künftige Herausforderungen neu aufstellen
„Beim Projektnamen haben wir uns an der Idee von Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder zur Reform ‚Agenda 2010‘ beziehungsweise zur ‚Agenda 2020‘ orientiert. Der Titel soll signalisieren, dass wir die Tafel in eine neue Perspektive führen müssen und wollen“, sagt Christoph Lenz, Geschäftsführer der sozialtherapeutischen Gut Priemern gGmbH, die Träger des Projektes „Tafel 2020“ ist. „Unser Ziel war, die Tafel neu aufzustellen und zu professionalisieren, damit wir Herausforderungen wie die Personaleinsatzplanung oder Koordination von Abholterminen in Zukunft gut bewältigen können“, so Lenz. Die Stendaler Tafel wurde im Jahr 2005 von Bärbel Kohl gegründet und fast 13 Jahre von ihr geleitet. Zum Zeitpunkt der Gründung war die ehemalige Stationsschwester bereits pensioniert und ausschließlich im Ehrenamt tätig. Aus Altersgründen hat sie sich dann dazu entschieden, das Ehrenamt aufzugeben und es in neue Hände zu geben. „Frau Kohl war tatsächlich von Montag bis Freitag acht Stunden vor Ort. Solch eine Ehrenamtlerin hätten wir nicht noch einmal gefunden. Deswegen mussten wir letztendlich mit Hilfe der EU eine Vollzeitstelle integrieren“, erläutert Lenz. Die EU-Förderung war nur möglich, weil das Projekt zuvor von der Lokalen Aktionsgruppe Mittlere Altmark als förderwürdig eingeschätzt wurde und sie dann das Projekt auf ihrer jährlich zu erstellende Prioritätenliste auf Rang Eins für den ESF votierte.

Zahl der mittellosen Rentner wächst
Das sozialtherapeutische Zentrum Gut Priemern betreibt in der nördlichen Altmark mehrere Einrichtungen mit speziellen Wohnformen für Menschen mit einer Suchterkrankung und fünf stationäre Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Seit 2012 ist die hundertprozentige Tochter des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Sachsen-Anhalt auch Träger der Stendaler Tafel. „Da die Tafel für uns auch eine Herzensangelegenheit ist, haben wir uns als Gesellschaft sofort dazu bereit erklärt, sie bei uns in die Trägerschaft aufzunehmen“, betont der Geschäftsführer. Er fügt hinzu: „Die Tafel könnte nicht überleben, wenn wir die volle Personalstelle nicht von der EU finanziert bekommen würden. Auch den enormen logistischen Aufwand im Transport-Bereich, die teuren Kühlfahrzeuge sowie die Benzin- und Wartungskosten könnten wir uns einfach nicht erlauben, wenn die EU diese Stelle nicht fördern würde“, unterstreicht Lenz. Bis Mitte Februar läuft das Projekt „Tafel 2020“ noch. Danach hoffen Christoph Lenz und sein Team, schnellstmöglich eine Anschlussfinanzierung von der EU zu bekommen. Denn sie wollen sich auch weiterhin um die Menschen im Landkreis Stendal kümmern, die die Hilfe der Tafel dringend benötigen. Vor allem die Zahl der Senioren, die an den Ausgabestellen der Tafel stehen, wachse stetig. „Alles Positive von der EU findet sich auch in der Tafel wieder. Sie ist für die Menschen da“, sagt Lenz.

Hier finden Sie weitere interessante Beispiele, wie die Menschen von EU-Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-Anhalt nachhaltig profitieren.

Weitere Quellen:
Presseportal „Europa vor Ort in Sachsen-Anhalt“ der Europäischen Kommission

Infos von Gut Priemern zur Stendaler Tafel:
https://www.gut-priemern.de/stendaler-tafel
https://www.gut-priemern.de/ueber-uns/aktuelles/84-dachdeckerarbeiten-am-ehemaligen-kutscherhaus-2

Lokale Aktionsgruppe „Mittlere Altmark“: https://mittlere-altmark.de/aktuell/