EU-gefördertes Fortbildungsprojekt im Harz
Praktikalotsen helfen Schülerinnen und Schülern bei der beruflichen Orientierung
(Von Alexander Lorber, 14.02.2020)
„Ein Praktikum ist der beste Weg, um sich auf die spätere Berufswahl gut vorzubereiten“, sagt AWZ-Geschäftsführerin Christiane Müller. „Denn im Praktikum merken junge Menschen ziemlich schnell, ob der Beruf zu ihnen passen könnte“. Seit November 2017 gibt es im Landkreis Harz das Projekt „Praktikalotsen“, das im Rahmen des Landesprogramms RÜMSA (Regionales Übergangsmanagement Sachsen-Anhalt) mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und vom Landkreis Harz gefördert wird. Die AWZ – Aus- und Weiterbildungszentrum GmbH in Halberstadt führt das Projekt in Kooperation mit dem VHS Bildungswerk Quedlinburg und dem Teutloff Bildungszentrum Wernigerode im gesamten Kreisgebiet durch. Sechs Praktikalotsen sind an den Standorten Halberstadt, Quedlinburg und Wernigerode vor Ort, um junge Menschen bei ihrer beruflichen Orientierung zu unterstützen.
Früh übt sich
Das Projekt richtet sich an Schülerinnen und Schüler ab dem zweiten Halbjahr der 7. Klasse. Außerdem können sich junge Menschen an die Praktikalotsen wenden, die noch keine Berufserfahrung gesammelt haben und sich beruflich orientieren möchten. An den Schulen schließt das Projekt meist ans ebenfalls ESF-geförderte Berufsorientierungsprogramm BRAFO („Berufswahl Richtig Angehen Frühzeitig Orientieren“) an. BRAFO hilft den Kindern in der 7. Klasse, ihre Stärken und Interessen in einer Vielzahl von Berufsfeldern zu erkunden. An vier Praxistagen haben sie die Möglichkeit, sich in verschiedenen Tätigkeiten auszuprobieren. „Im Anschluss an BRAFO finden Auswertungsgespräche statt, um zu erörtern, ob die Schülerinnen und Schüler ihren Wunschberuf schon gefunden haben“, erklärt Christiane Müller. „Sind sie sich noch unsicher oder wollen einen Beruf näher kennenlernen, können sie über unsere Praktikalotsen ein freiwilliges Praktikum machen.“ Die AWZ bezieht dabei auch die Eltern und Schulen ein. Dafür stellen die Praktikalotsen das Projekt an Gymnasien sowie Sekundar- und Förderschulen auf Elternabenden vor. „Viele Eltern suchen die Unterstützung von außen, um zu erfahren, wie ihr Kind von anderen eingeschätzt wird“, meint Müller.
Die meisten Praktika finden in den Ferien statt
Im Jahr 2019 hat die AWZ insgesamt 203 Praktika mit ihren Praktikalotsen begleitet. Die meisten Praktika finden in den Sommerferien statt. Aber auch während der Schulzeit kann ein Praktikum in betrieblichen Arbeitsgemeinschaften absolviert werden. „Im ersten Schritt helfen wir den Jugendlichen bei der Suche nach einem Praktikumsplatz und bei der Bewerbung“, erzählt Ines Köhler, Praktikalotsin für die Region Halberstadt, Osterwieck und Huy. Sie recherchiert mit den Kindern nach geeigneten Unternehmen, organisiert das Vorstellungsgespräch und hilft ihnen mit den Bewerbungsunterlagen. „Bei Bedarf bringe ich Schülerinnen und Schüler, die auf dem Land leben, auch mit dem Auto zum Praktikumsbetrieb, falls sie nicht mit Bus, Bahn oder den Eltern dort hinkommen“, sagt Köhler. Als Bildungsträger pflegt die AWZ gute Kontakte zu vielen regionalen Unternehmen, sodass sie nie lange nach einem geeigneten Betrieb für ihre Schützlinge suchen muss.
Die Qualität des Praktikums zählt
Zu Praktikumsbeginn schaut Ines Köhler im Betrieb vorbei, ob sich ihre Praktikantin oder ihr Praktikant dort wohlfühlt. Dabei stimmt sie mit dem Unternehmen ihre Qualitätsanforderungen an das Praktikum ab. „Dafür habe ich einen Praktikumsleitfaden zur Hand. Dort sind die gesetzlichen Regelungen festgehalten, aber auch Hinweise zum Umgang mit den Schülerinnen und Schülern sowie Anregungen, welche Tätigkeiten man ihnen anbieten könnte“, berichtet Köhler. Der Betrieb setzt seine Unterschrift unter den Leitfaden, um die Einhaltung ihrer Qualitätsanforderungen zu garantieren. „So stellen wir sicher, dass die Schülerinnen und Schüler ein vielseitiges Praktikum erleben“, so Köhler. Am letzten Praktikumstag findet ein Auswertungsgespräch zwischen Jugendlichen und Praktikumsbetrieb statt. „Beide Seiten sollen ihre Eindrücke reflektieren und sagen, wie es ihnen gefallen hat“, ergänzt Christiane Müller. Abschließend erhalten die Teilnehmenden einen Auswertungsbogen und eine Bescheinigung, damit sie ihr Praktikum später bei der Bewerbung auf eine Ausbildungsstelle als zusätzliche Qualifikation vorweisen können.
Jugendliche und Betriebe profitieren vom ESF-Projekt
Das Projekt „Praktikalotsen“ will junge Menschen dazu ermutigen, sich frühzeitig Gedanken über ihren künftigen Werdegang zu machen. Die Lotsinnen und Lotsen helfen den Jugendlichen bei der Suche nach Praktika und begleiten sie bei ihren ersten berufspraktischen Erfahrungen. „Dadurch können sie sich später besser einschätzen und verbessern ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz“, sagt AWZ-Geschäftsführerin Christiane Müller. Aber auch die Betriebe profitieren vom ESF-Projekt, indem sie ihre künftigen Auszubildenden schon früh kennenlernen. Dadurch ließe sich auch das Risiko von Ausbildungsabbrüchen reduzieren, meint Christiane Müller. Jedes Jahr bekommen besonders vorbildliche Praktikumsbetriebe zudem ein Qualitätssiegel im Rahmen des Projekts verliehen: „Im Jahr 2019 konnten wir an 89 von 156 Praktikumsbetrieben unser Siegel vergeben“, so Müller. „Darauf sind die Unternehmen sehr stolz. Sie stellen das Siegel auch auf ihre Firmenwebseite, um zu zeigen, dass sie den jungen Menschen im Landkreis Harz attraktive Praktika anbieten.“
Hier finden Sie weitere interessante Beispiele, wie die Menschen von EU-Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-Anhalt nachhaltig profitieren
Weitere Quellen:
AWZ-Projektseite der Praktikalotsen im Landkreis Harz:
https://www.awz.net/praktikalotsen/
Homepage der AWZ – Aus- und Weiterbildungszentrum GmbH Halberstadt:
https://www.awz.net/
Portal „Europa vor Ort in Sachsen-Anhalt“ der Europäischen Kommission