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Neue Chancen für junge Mütter

- von Kai Bieler -

Mit dem Projekt „EfA 2010 – Erstausbildung für Alleinerziehende“ – wird jungen alleinerziehenden Müttern unter 27 Jahren in Sachsen-Anhalt die Chance gegeben, erfolgreich eine Ausbildung zu absolvieren. Das Team um Projektleiterin Anke Eichrodt vom Bildungswerk der Wirtschaft Sachsen-Anhalt e. V. (BWSA) unterstützt derzeit 45 junge Frauen bei Berufsausrichtung und Organisation des Alltags. Die Alleinerziehenden erhalten so wieder berufliche Perspektiven als Voraussetzung für eine dauerhaft eigenständige Lebensführung.

Der Tag beginnt für Mandy Hintze früh: Um sechs Uhr ihr Kind wecken und anziehen, um sieben in der Kita sein und pünktlich acht Uhr auf Arbeit erscheinen. Gegen 17 Uhr holt die 22-jährige alleinerziehende Mutter ihre Tochter wieder aus der Kita ab. Anschließend gibt es Abendbrot, dann holt die Kleine ihre Bausteine hervor und auch die Ideen der jungen Mutter sind beim gemeinsamen Spielen gefragt, bald darauf wird die Gute-Nacht-Geschichte gelesen. Danach steht für Mandy Hintze Lernen für die Berufsschule auf dem Programm. „Zugegeben, es ist anstrengend, aber ich habe ein Unternehmen gefunden, in dem ich mich wohlfühle, die Arbeit Spaß macht und auch die Aufstiegschancen sehr gut sind“, berichtet sie. Seit August dieses Jahres ist sie in Berufsausbildung bei dem Papiergroßhändler Igepa mit dem Ziel, diese 2015 als Groß- und Außenhandelskauffrau abzuschließen. Noch vor wenigen Monaten war diese Perspektive nur schwer vorstellbar.

Eine Familie allein zu organisieren und zugleich in eine Ausbildung zu kommen, die den persönlichen Neigungen entspricht, stellte die Alleinerziehende vor eine enorme Herausforderung. Dabei ist Mandy Hintze alles andere als ein Einzelfall: derzeit ist jede fünfte Familie hierzulande eine Ein-Eltern-Familie, wobei 90 Prozent der Alleinerziehenden Frauen sind. Damit sich Elterndasein und berufliche Integration nicht gegenseitig ausschließen, sind insbesondere für diese Zielgruppe neue Angebote und Strukturen gefragt. Dazu wurde vom Ministerium für Arbeit und Soziales Sachsen-Anhalts ein Ideenwettbewerb durchgeführt, um passende Konzepte zu entwickeln. Der Zuschlag ging 2010 an das Konzept „Erstausbildung für Alleinerziehende – kurz „EfA 2010“ beim Bildungswerk der Wirtschaft Sachsen-Anhalt e. V. in Halle/Saale. Das sachsen-anhaltische Ministerium für Justiz und Gleichstellung betreut das noch bis September 2013 laufende Projekt, das zudem über den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert wird.

Das Projekt wendet sich an junge bzw. werdende Mütter bis 27 im südlichen Sachsen-Anhalt, welche eine Erstausbildung absolvieren wollen. Die Frauen werden hierbei in allen relevanten Lebensbereichen unterstützt. So steht das „EfA“-Team den jungen Müttern bei der Berufsorientierung, innerhalb der beruflichen Ausbildung, mit Stütz- und Förderunterricht bzw. Prüfungsvorbereitungen bei. Ebenso helfen die Projektmitarbeiter den Teilnehmerinnen bei der Alltagsorganisation und hier v. a. bei der Absicherung der Kinderbetreuung, bei Antragstellungen sowie bei Kriseninterventionen mit sozialen und psychischen Hilfestellungen. Weitere Schwerpunkte sind die Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Sensibilisierung für Möglichkeiten einer Teilzeitausbildung der Alleinerziehenden. Die Projektleiterin Frau Eichrodt betont: „Wir wollen unterstützen und nicht bevormunden, das bedeutet für uns Hilfestellung nach Bedarf. Junge Frauen, die zu uns kommen, sind oft verblüfft, dass es ein auf sie zugeschnittenes Angebot gibt, an das sie sich kostenfrei wenden können.“

Zusammen mit zwei weiteren Mitarbeitern in den Regionen Mansfeld-Südharz und dem Burgenlandkreis, werden inzwischen 45 Frauen auf dem Weg in ein eigenständiges Leben betreut. Wichtigste Partner sind hierbei die Unternehmen. Ebenso ist ein Netzwerk aus Kita-Trägern, Berufsschulen, Arbeitgeber-Verbänden, Kammern, Ämtern sowie Vereinen und kooperativen Einrichtungen Voraussetzung für eine zielgerichtete Begleitung. Die Ausbildungsbetriebe sind oft positiv überrascht von den jungen Frauen, welche zumeist mehr Motivation, Organisationsfähigkeit und ein größeres Verantwortungsbewusstsein zeigen als gleichaltrige Auszubildende ohne Kinder und – entgegen aller Erwartungen – meist keine höheren Fehlzeiten haben.

Bei der gemeinsamen Berufswegeplanung sind neben den persönlichen Interessen und Voraussetzungen auch die weiterführenden Jobperspektiven entscheidend. Ziel ist es, typische „Sackgassenberufe“ zu vermeiden, d. h. Berufe, die in der Regel schlecht bezahlt werden und kaum Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten bieten. So befinden sich die jungen Mütter innerhalb des Projektes unter anderem in Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen, Bürokauffrau, Zahnmedizinischen Fachangestellten und Buchhändlerin. Der angehenden Kauffrau für Groß- und Außenhandel Mandy Hintze war bei der Berufswahl neben guten Aufstiegschancen insbesondere der Kontakt zu Kunden und Mitarbeitern wichtig. „Ich bin sehr froh, dass ich Unterstützer wie Frau Eichrodt an meiner Seite habe, die das nötige Wissen mitbringen und mich bei meinen Anliegen an die richtige Stelle vermitteln können. Die Ämterwege und Anträge wären für mich sonst kaum zu bewältigen gewesen“, resümiert sie.

Anke Eichrodt berichtet: „Alleinerziehen ist für die meisten jungen Mütter kein Selbstkonzept, sondern ein Prozess, bei dem sie gerade im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Unterstützung benötigen. Deshalb lernen unsere Teilnehmerinnen auch, unser Netzwerk selbständig zu nutzen.“

Weitere Informationen unter: http://www.bwsa.de/efa.aspx

Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das soziale Gesicht Europas. Mit rund 640 Millionen Euro unterstützt dieser Fonds der Europäischen Union (EU) von 2007 – 2013 Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Ausbildungsprogramme des Landes Sachsen-Anhalt. Bis 2013 werden so etwa 16 200 Projekte gefördert und damit rund 245 000 Menschen im Land direkt erreicht.