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Klus­brü­cke Wahlitz - Ge­schich­te und Ge­schich­ten in der Klus

Die be­deu­ten­de Klus­brü­cke wird sa­niert, um sie für An­woh­ner und Tou­ris­ten zu er­hal­ten.

(Bi­an­ca Kahl - 23.06.2017)

„Über diese Brü­cke ist Lu­ther ge­wan­dert und Na­po­le­on ge­rit­ten", sagt Dr. Jür­gen Knüp­fer. Ge­mein­sam mit dem Bür­ger­meis­ter der Stadt Gom­mern be­trach­tet er die stei­ner­nen Bögen der Klus­brü­cke. „Und ein rus­si­scher Pan­zer T54 ist auch schon drü­ber ge­rollt", er­gänzt sein Be­glei­ter Jens Hü­ner­bein und die bei­den la­chen, schüt­teln un­gläu­big die Köpfe. „Die­ser Brü­cken­zug ist fast so alt wie un­se­re Stadt Gom­mern."

Es riecht nach Ge­schich­te bis ins 11. Jahr­hun­dert zu­rück, hier an einem Rinn­sal der Ehle, zwi­schen den Wei­den­bäu­men und den Mis­tel­bü­schen, an einem Wald­rand in der Nähe des Ortes Wahlitz. Der Boden ist von Fahr­rad­spu­ren und Huf­ab­drü­cken zer­furcht: Die Klus­brü­cke ist hoch fre­quen­tiert. Viele Spa­zier­gän­ger, Rad­fah­rer, Rei­ter, Wan­de­rer und Be­rufs­pend­ler kom­men hier täg­lich durch. Der be­lieb­te Klusdamm-​Radweg ist eine wich­ti­ge Ver­bin­dung von Magdeburg-​Pechau nach Gom­mern. Von Mag­de­burg aus füh­ren wei­te­re We­ge­ver­bin­dun­gen in die Re­gi­on Schö­ne­beck; von Gom­mern aus geht es ins Je­ri­chower Land hin­ein. Über Dorn­burg und Pret­zi­en er­reicht man den El­be­rad­weg.

Bau­denk­mal droht der Ver­fall

Doch mo­men­tan müs­sen alle eine Be­helfs­brü­cke di­rekt neben dem re­gio­na­len Wahr­zei­chen nut­zen: Die Klus­brü­cke droh­te, zu ver­fal­len. Des­halb hat sich die Stadt Gom­mern ent­schlos­sen, sie zu sa­nie­ren. Die Brüs­tungs­mau­er muss er­neu­ert und das rest­li­che Mau­er­werk in­stand­ge­setzt wer­den. Au­ßer­dem wird ein neues Ge­län­der nötig sowie ein Rad- und Geh­wegsbe­lag, um ak­tu­el­len Stan­dards ge­recht zu wer­den. Spä­tes­tens im Sep­tem­ber soll das alles ge­schafft sein.Der 79-​jährige Jür­gen Knüp­fer schaut lange auf „die Klus", wie die Land­schaft und das kul­tur­his­to­ri­sche En­sem­ble hier ge­nannt wer­den. „End­lich küm­mert sich je­mand", schei­nen seine Augen zu sagen und er sieht zu­frie­den aus. Sehr viel Zeit und sehr viel Kraft von ihm sind in die­sen Ort ge­flos­sen. Er kann alles über die Ge­gend er­zäh­len, trägt einen Ord­ner bei sich mit den Ko­pien von jahr­hun­der­te­al­ten Auf­zeich­nun­gen und einer ei­ge­nen Chro­nik.In den 1970er Jah­ren hatte Knüp­fer ge­mein­sam mit sei­nem Weg­ge­fähr­ten Dr. Klaus Leh­nert und an­de­ren eine Ar­beits­grup­pe zur Denk­mal­pfle­ge ge­grün­det. Weil die Klus­brü­cke da­mals in einem mi­se­ra­blen Zu­stand war, kam sie ganz oben auf die Liste der Ar­beits­vor­ha­ben. Zum Teil war die Scha­len­brü­cke ein­ge­stürzt und kaum noch pas­sier­bar. Die Do­ku­men­ta­ti­on der Ak­ti­vis­ten hat die staat­li­chen Denk­mal­pfle­ger „erst mal mun­ter ge­macht", er­zählt der Se­ni­or. „Denen war gar nicht be­wusst, was wir hier für einen Schatz haben." Die Brü­cke ist das äl­tes­te ver­kehrs­tech­ni­sche Denk­mal in der Re­gi­on Mag­de­burg.

Frei­wil­li­ge muss­ten Brü­cke schon ein­mal ret­ten

Knüp­fer und seine Freun­de haben dann alle Bür­ge­rin­nen und Bür­ger auf­ge­for­dert, sich an der Sa­nie­rung zu be­tei­li­gen. Mit ei­ge­nen Hän­den rich­te­ten die Hel­fe­rin­nen und Hel­fer unter der Lei­tung von Klaus Leh­nert das ein­ge­stürz­te Mau­er­werk wie­der auf und si­cher­ten viele an­de­re pro­ble­ma­ti­sche Stel­len. Jah­re­lang dau­er­ten die frei­wil­li­gen Ar­bei­ten da­mals. „Was haben wir hier für Nach­mit­ta­ge und Aben­de ver­bracht", er­in­nert sich Jür­gen Knüp­fer. Er zeigt dem Bür­ger­meis­ter den Ge­denk­stein, den die Ak­ti­vis­ten da­mals bei den End­ar­bei­ten ein­ge­setzt haben. Vom Wap­pen der Stadt Mag­de­burg – denn die Brü­cke war einst im Be­sitz des Mag­de­bur­ger Fähr­am­tes – wurde ein Du­pli­kat er­stellt und ein­ge­baut. Vom Ori­gi­nal hatte jede Spur ge­fehlt. Es tauch­te spä­ter in einer Gom­mera­ner Woh­nung auf, in die Wand ein­ge­baut und ver­deckt von einem Vor­hang. Die da­ma­li­ge Mie­te­rin, eine äl­te­re Dame, konn­te damit nichts an­fan­gen.

Lu­thers ein­zi­ger si­che­rer Weg

So viele Ge­schich­ten sind ver­bun­den mit der Klus. Jür­gen Knüp­fer könn­te ewig wei­ter­erzäh­len. Ganz in der Nähe hat einst eine Her­ber­ge mit Wohn­turm und „Lu­ther­stu­be" ge­stan­den. Die Über­res­te der Klau­se sind noch zwi­schen den Bäu­men zu sehen. Mit hoher Wahr­schein­lich­keit hat der Re­for­ma­tor hier ge­näch­tigt, wenn er zu Fuß nach Mag­de­burg un­ter­wegs war. Zum Bei­spiel 1524, als er seine be­rühm­te Rede in der Mag­de­bur­ger Sankt-​Johannis-Kirche hielt und die Stadt zum Pro­tes­tan­tis­mus be­kehr­te. Einen an­de­ren Weg als den Klus­damm gab es für Lu­ther da­mals nicht. Er war vier Jahr­hun­der­te lang der ein­zi­ge hoch­was­ser­si­che­re Über­gang durch die un­weg­sa­me und sump­fi­ge Elbe-​Ehle-Niederung. Die alten Wege führ­ten von hier zum einen über Zerbst bis nach Wit­ten­berg und Leip­zig, zum an­de­ren bis nach Bran­den­burg und Ber­lin. Zudem war Lu­ther Au­gus­ti­ner und auch die Her­ber­ge wurde von Au­gus­ti­nern be­trie­ben. Man kann also davon aus­ge­hen, dass der Re­for­ma­tor in der Klus ge­ras­tet hat. Der Be­griff „Lu­ther­stu­be" er­hielt sich im Volks­mund bis heute.

Sa­nie­rung er­mög­licht tou­ris­ti­sche Nut­zung

Die Klus­brü­cke ist das letz­te er­hal­te­ne Bau­werk eines der äl­tes­ten Han­dels­we­ge von Mag­de­burg nach Osten und damit ein Denk­mal von na­tio­na­ler Be­deu­tung. Für die Sa­nie­rung hat sich auch die „Lo­ka­le Ak­ti­ons­grup­pe  Elbe-​Saale“ stark ge­macht. Die Eu­ro­päi­sche Union be­tei­ligt sich mit rund 255.000 Euro aus dem Eu­ro­päi­schen Land­wirt­schafts­fonds für die Ent­wick­lung des länd­li­chen Raums - ELER - an der Sa­nie­rung, die ins­ge­samt rund 340.000 Euro kos­ten wird. Den ver­blei­ben­den An­teil von rund 85.000 Euro über­nimmt die Stadt Gom­mern.

Jür­gen Knüp­fer und Jens Hü­ner­bein gehen vor­bei an den Bau­fahr­zeu­gen, die heute still­ste­hen. Sie reden wie­der über den Pan­zer, der hier zu DDR-​Zeiten ent­lang­ge­fah­ren sein muss. „Wie der dar­über ge­passt hat...", sagt der Se­ni­or. „Ge­se­hen hat das ja nie­mals je­mand." Der Bür­ger­meis­ter ant­wor­tet: „Aber es muss so ge­we­sen sein. Hier war frü­her ja alles Übungs­platz der rus­si­schen Armee."So viele Ge­schich­ten zum Er­zäh­len. Seit die Klus zur Pil­ger­rou­te „Lu­ther­weg Sachsen-​Anhalt" ge­hört und in das Lan­des­pro­jekt „Lu­ther war hier" auf­ge­nom­men wor­den ist, gibt es ganz an­de­re Mög­lich­kei­ten, die vie­len Ge­schich­ten auch für die Durch­rei­sen­den be­kannt zu ma­chen: Eine ent­spre­chen­de Aus­schil­de­rung wird bald er­fol­gen. Zu­min­dest über den Re­for­ma­tor und die Be­deu­tung des Han­dels­we­ges kann man dann alles nach­le­sen.

http://www.luther-​erleben.de
http://www.gom­mern.de