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Die Familienfreunde

Das neue Kinder-Eltern-Zentrum „An der Modderkuhl“ in Uchtspringe als Dienstleister und Ort der Begegnung

(von Bianca Kahl)

„Bei uns im Wald entspringt die Uchte. Da wird man schon mal nass beim Spielen“, sagt Katrin Burchert mit einem verschmitzten Lächeln. Deshalb brauchen alle kleinen Abenteurer im Kinder-Eltern-Zentrum „An der Modderkuhl“, ganz dem Namen entsprechend,  eine Garnitur Matsch- und Modderkleidung in der Garderobe. „Modderkuhl“ entspricht auch dem historischen Namen der Siedlung und spielt auf das Quellgebiet der Uchte an, genau wie der heutige Ortsname: Uchtspringe.

„So, wie wir in den Wald gehen, kommen wir nicht wieder raus, das ist klar“, scherzt Katrin Burchert, die Leiterin der beliebten Kindertagesstätte unter Trägerschaft der SALUS gGmbH Fachklinikum Uchtspringe. Und der Wald ruft häufig: mindestens jeden Freitag. Insgesamt nutzt man die schöne Natur in der Umgebung voll aus. Das Profil der Einrichtung geht weg von Spielsachen in den Räumen hin zu mehr Freiheit, Neugier, Experimentierfreude und Eigeninitiative.

Die Kinder spielen viel draußen, können eine große Freifläche mit zwei Kaninchen genießen, aber sind auch häufig unterwegs. Zu Besuch bei der örtlichen Feuerwehr, Handwerkern, dem Sportverein oder der Gärtnerei, zum Backen und Singen im Altenpflegeheim, beim Kinder-Eltern-Turnen oder mit zwei Kleinbussen gemeinsam mit Familie zum Ausflug ins Schwimmbad oder in den Tierpark. „Das wird gut angenommen und uns würde auch noch mehr einfallen. Doch die meisten Eltern freuen sich nach der Arbeit natürlich einfach nur auf ihren wohl verdienten Feierabend im Kreis der Familie“, sagt Katrin Burchert.

Viele der Angebote gab es schon früher, bevor die Einrichtung 2012 offiziell Kinder-Eltern-Zentrum hieß. Das freie Spiel, das Spielen im Freien wie auch das Netzwerken gehören zum Konzept der 50 Kinder-Eltern-Zentren (KEZ) in Sachsen-Anhalt. Sie entwickelten sich seit 2007 im Rahmen eines Förderprogrammes des Landes aus bestehenden Kindertagesstätten. Das ließ sich das Ministerium für Arbeit und Soziales insgesamt 750.000 Euro kosten. Die Idee dahinter: Die Einrichtungen sollen eine Art Netzwerk sein, ein Ort der Begegnung für Jung und Alt, mit Angeboten der Familienbildung und auch -beratung. Mit Aufenthaltsorten für die Eltern in der Kita und Kursangeboten zum Thema Gesundheit oder Erziehung. Dafür wurden die pädagogischen Fachkräfte geschult, Anregungen gegeben und die Räume umgestaltet.

In Uchtspringe dachte man noch weiter: Hier ließ die SALUS gGmbH zugleich die komplette historische Villa umbauen und sanieren. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 1,4 Millionen Euro. Davon kamen wiederum rund 800.000 Euro aus öffentlichen Fördertöpfen, allein 475.000 Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).

Katrin Burchert führt durch das schicke, helle Gebäude, in dem die Kinder jetzt viel mehr Platz haben. Vier Zimmer wurden angebaut, die Aufteilung der Räume verändert. Ein Fahrstuhl macht das Haus behindertengerecht, im Treppenhaus gibt es zwei Holzgeländer: eins für die Großen und eins für die Kleinen. Sogar in der Küche wurde eine zusätzliche niedrige Arbeitsplatte eingefügt, sodass die Kinder mithelfen können. Die Bäder sind nicht nur bequem und geräumig, sondern überzeugen auch mit freundlichen Farben.

Nach dem Umbau kann die Einrichtung 53 Kinder aufnehmen, 16 mehr als zuvor, und bietet einen Hort an. Die meisten Eltern arbeiten im Fachklinikum Uchtspringe, doch es werden auch Kinder aus der Region aufgenommen. Viele Familien melden sich schon, wenn sich der Nachwuchs gerade erst ankündigt. Der Ruf ist gut, die Anlage schön. Alle paar Wochen kommt ein Friseur ins Haus und schneidet den Kindern die Haare. „Aber eine gute Kita macht das nicht aus“, findet Burchert. Da gehe es eher um den Umgang mit den Kindern, mit den Eltern und auch der pädagogischen Fachkräfte untereinander.

Die lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Auch nicht von den längeren Öffnungszeiten, die bei Bedarf genutzt werden können: Wer möchte, kann sein Kind bereits 5.30 Uhr abgeben oder spätestens 20.30 Uhr bettfertig abholen, also verköstigt, gewaschen, mit geputzten Zähnen und in bequemer Kleidung. Etwas, das vor allen die Schichtarbeiter vom Fachklinikum immer wieder nutzen, doch es bedeutet auch für die Betreuerinnen Schichtarbeit. Die nehmen es gelassen und gestalten ihren Dienstplan flexibel. So fällt der gelegentliche späte Feierabend auch im eigenen Privatleben nicht so sehr ins Gewicht.

Gerade kann das achtköpfige Team der pädagogischen Fachkräfte ein wenig verschnaufen, denn die Kinder haben Mittagsruhe. Die pädagogische Hilfskraft Sabine Tuchen räumt derweil in der Küche die Spülmaschine aus. Oben, im neuen großen Mehrzweckraum im ausgebauten Dachgeschoss, bleiben die bunten Riesenbausteine aus Schaumstoff unangerührt. Die Vorschulkinder scheinen aus dem Stand umgefallen und auf ihren Matten eingeschlafen zu sein. „Sie sagen immer, sie seien groß und wollen nicht mehr schlafen“, schmunzelt Katrin Burchert. Und dann gibt es doch so viel zu erleben und der Körper fordert die Erholung ein. Ein Junge bleibt dennoch wach. Die Leiterin setzt sich mit ihm auf die Dachterrasse in die Sonne und sie spielen mit seinen Legobausteinen.

Der ELER trägt in Sachsen-Anhalt mit rund 904 Millionen Euro EU-Mittel - ein Viertel der gesamten dem Land von der EU zugewiesenen Fördergelder - dafür Sorge, dass die Entwicklung des ländlichen Raums sich als integraler Bestandteil der Gesamtpolitik für Beschäftigung und Wachstum vollzieht. Zusammen mit der nationalen Kofinanzierung stehen öffentliche Ausgaben in Höhe von 1,16 Milliarden Euro bereit. Zusätzlich will Sachsen-Anhalt 240 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt beisteuern, so dass das Land rund 1,326 Milliarden Euro für die Entwicklung des ländlichen Raums einsetzen kann.