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Die Bergfriede überm Wippertal

Auf der Burg Freckleben bekommt altes Gemäuer neuen Glanz

(Text und Bilder von Bianca Kahl)

Schon aus der Ferne ist die eindrucksvolle Burganlage auf einem Höhenzug im Wippertal zu sehen. Die beiden Burgfriede ragen in den Himmel, wie zwei stolze Ritter. Doch diesen ungetrübten Anblick gibt es noch nicht lang. Es ist dem Heimatverein Freckleben e.V. zu verdanken, dass die über tausendjährigen Mauern nicht dem Verfall überlassen wurden. Die Wehranlage in Freckleben, einem kleinen Dorf zwischen Aschersleben und Hettstedt, wurde im 10. und 11. Jahrhundert errichtet. Nach einer wechselvollen Geschichte, in der die Burg auch einmal herrenlos war oder dem Erzbischof Albrecht von Magdeburg als Fluchtort diente, tauchte sie erst Ende des 15. Jahrhunderts wieder in den Geschichtsbüchern auf, als sie an die Fürsten von Anhalt ging und bis 1896 als Domäne genutzt wurde.

Die Vorstandmitglieder Annemarie Rockmann, Wolfhard Seidig und Klaus Flaake sitzen bei einer Tasse Kaffee in ihrem Vereinsraum auf der Burganlage und erinnern sich an die Aufbauarbeit der vergangenen Jahre. „Mitten auf dem Burghof stand ein riesiger Schafstall, der musste erst einmal abgerissen werden, um die Anlage der Burg wieder zur Geltung zu bringen“, so der Vereinsvorsitzende Flaake. Seit dem 17. Jahrhundert bis 1993 wurde die Burg überwiegend zur Schafzucht genutzt. Zu DDR-Zeiten grasten bis zu 4.000 Schafe auf den Wiesen rund um die Burg.

Schritt für Schritt und in unzähligen Stunden ehrenamtlicher Arbeit setzte der Heimatverein alles daran, um die zwei Bergfriede und die Ringmauer wieder aufzubauen. Neben Spendengeldern wurde der Verein dabei auch mit Zuschüssen vom Land Sachsen-Anhalt aus der  Fördermaßnahme „Dorfentwicklung“ unterstützt. Von den rund 770.000 Euro, die in den vergangenen zehn Jahren in die Burganlage investiert wurden, stammten gut 370.000 Euro aus Fördermitteln. Eine instandgesetzte Ringmauer samt Tor bekam im vergangenen Jahr einen Zuschuss von 25.000 Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Ein Schwerpunkt bei der Sanierung der Burganlage lag auf dem Wiederaufbau der beiden Bergfriede, ursprünglich hatte die Burg sogar drei der imposanten Wohntürme. Der sogenannte Bergfried I wurde nach der Sanierung zum Aussichtsturm. Im Bergfried III mit einem teils achteckigen Grundriss ist eine in Deutschland einmalige Drehspindelleiter in einem Bergfried zu besichtigen. Eine ehemalige Scheune, von der nur noch die Grundmauern standen, bekam ein neues Dach und dient heute als Museum für landwirtschaftliche Geräte sowie als Veranstaltungsraum.

„Die Burg musste auch erst wieder ins Bewusstsein der Leute kommen und eine gewisse touristische Strahlkraft erlangen“, erklärt Annemarie Rockmann vom Heimatverein. So wurde erst nach und nach wieder in Reiseführern und Büchern über Burg Freckleben geschrieben. Der Verein kümmerte sich verstärkt um ein touristisches Nutzungskonzept und begann damit Veranstaltungen zu organisieren, Führungen anzubieten und Kontakt zu Reiseveranstaltern aufzunehmen. Die Bemühungen lohnten sich: Kamen im Jahr 2011 immerhin schon 5.600 Besucherinnen und Besucher den Berg zur Burg hinauf, waren es 2013 knapp 7.000 Interessierte aus ganz Deutschland. Kindergärten und Schulen nutzen die Burg als „Anschauungsobjekt“ für Projekttage oder als Örtlichkeit für Feste. So werden beispielsweise die Zeugnisse an die Schüler feierlich auf der Aussichtsplattform des Bergfrieds überreicht. Aber auch Konzerte, ein Schäferfest sowie ein Weihnachtsmarkt locken Gäste von nah und fern auf Burg Freckleben.

Auch wenn der Großteil der Burg vorm Verfall bereits gerettet und saniert wurde, an weiteren Plänen mangelt es den umtriebigen Mitgliedern des Heimatvereins nicht. „Das nächste große Projekt wäre die Restaurierung der über 600 Quadratmeter großen Scheune, aber eine Finanzierung ist noch nicht in Sicht“, bedauert Schatzmeister Wolfhard Seidig. Auch der Ausbau eines Scheunenbodens zur Herberge für Radtouristen auf dem Wipperradweg kann sich der Heimatverein gut vorstellen. Von den knapp 700 Einwohnern in Freckleben haben übrigens 68 eine Mitgliedschaft im Heimatverein. „Dörfer leben mit der Vereinsarbeit“, sagt der Vorsitzende Klaus Flaake nicht ohne Stolz.

www.leader-aschersleben-seeland.de 

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 9.00 bis 16.00 Uhr

Der ELER trägt in Sachsen-Anhalt mit rund 904 Millionen Euro EU-Mittel - ein Viertel der gesamten dem Land von der EU zugewiesenen Fördergelder - dafür Sorge, dass die Entwicklung des ländlichen Raums sich als integraler Bestandteil der Gesamtpolitik für Beschäftigung und Wachstum vollzieht. Zusammen mit der nationalen Kofinanzierung stehen öffentliche Ausgaben in Höhe von 1,16 Milliarden Euro bereit. Zusätzlich will Sachsen-Anhalt 240 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt beisteuern, so dass das Land rund 1,326 Milliarden Euro für die Entwicklung des ländlichen Raums einsetzen kann.