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Damit Europa wieder summt

- von Kai Bieler -

Die Biologische Vielfalt zu erhalten ist ein wichtiger Bestandteil der Naturschutzpolitik der Europäischen Union und des Landes Sachsen- Anhalt. In einem einzigartigen Projekt fanden sich sieben europäische Länder zusammen, um Lösungen für die bedrohten Bienen zu erarbeiten. Die Dübener Heide ist Teil des internationalen Vorhabens.

Staunend mit leuchtenden Augen erkunden die 3 bis 6 jährigen Knirpse der Kindertagesstätte Wurzelbude in Schwemsal im Garten der Gutsscheune ihre selbst angelegte Blühwiese. Darauf tummeln sich neben Kindern, Käfern und fröhlicher Blütenpracht auch Bienen. Die leben gleich neben der Wiese in einem Bienenhaus der besonderen Art. Dessen Ausflugöffnung befindet sich untypisch für traditionelle Bienenbeuten in 2,50 Meter Höhe, am Ende eines hölzernen Schornsteins. So können die nützlichen Tiere ungefährlich für Besucher öffentlicher Orte wie Schulen oder Kindergärten fleißig ihren Dienst verrichten. Durch ein Schauglas kann man die Bienen beim Ein- und Ausfliegen gut beobachten. Die Bienenbeute zum Anfassen heißt BEE-PASS und stammt aus Frankreich. Dank des transnationalen Kooperationsprojektes «Bienen und Biodiversität » hält sie nun Einzug in die Dübener Heide und die Landschaften von fünf weiteren europäischen Ländern.

Im Rahmen des 2012 gestarteten Projektes haben sich Partner aus Deutschland, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien und der Slowakei vernetzt, um gemeinsam nach Wegen zu suchen, die bestäubende Insekten zu schützen und die biologische Vielfalt (Biodiversität) zu bewahren. „Dabei standen drei Schwerpunkte im Fokus: die Umsetzung bienenfreundlicher Bewirtschaftungsmethoden in Garten, Wald und öffentlichem Raum, die Unterstützung und Wiederbelebung der Bienenwirtschaft inklusive der Absatzförderung ihrer Produkte und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Zusammenhänge zwischen Bienen und biologischer Vielfalt“, erklärt Axel Mitzka, Vorsitzender des Naturpark Dübener Heide e.V. und einer der Hauptinitiatoren des Projektes. Das zweijährige Vorhaben wird aufgrund seiner Bedeutung mit insgesamt 14.400 EUR vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert.

Denn nicht nur in Deutschland verzeichnen Imker seit Jahren dramatische Verluste unter den Bienenvölkern. Gründe hierfür sind der Einsatz von Chemikalien, Milben und Krankheiten sowie zunehmende Monokulturen in der Landwirtschaft und damit zu wenig Blüh- oder Streuobstwiesen. Würde der Trend des Bienensterbens anhalten, ist das ökologische und ökonomische Gleichgewicht massiv in Gefahr. Denn rund 70 bis 80 Prozent aller Nutzpflanzen werden von Bienen bestäubt. Allein in Deutschland produzieren Honigbienen - nach Rind und Schwein das drittwichtigste Nutztier - durchschnittlich ca. 25 000 t Honig im Jahr. Das entspricht einem Verkaufswert von mindestens 150 Millionen Euro.

Um die Zukunft der Bienen in Europa zu sichern, wurde durch die bei Exkursionen, Seminare und Konferenzen im Rahmen des Projektes ein intensiver Erfahrungsaustausch zwischen den lokalen Akteuren initiiert. Auf dessen Grundlage entstand im weiteren Verlauf für jede Partnerregion ein auf die lokalen Anforderungen zugeschnittenes Aktionsprogramm. Denn die Ausgangssituation war in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich. Während Sachsen-Anhalt bereits schon von der länger zu verzeichnenden Belebung der Imkerei profitiert oder in Grenoble die Bienenbeuten überall in der Stadt verteilt stehen, ist das Handwerk in Wales fast ausgestorben. „Die Kollegen aus Wales haben unsere Erfahrungen und Konzepte für die Ausbildung von Imkern bereits mit großem Erfolg adaptiert. Außerdem hat sie die für Kinder konzipierte Broschüre „Sum-Sum, die kleine Biene“ der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt so begeistert, das eine übersetzte Fassung für Wales entstanden ist“, berichtet Axel Mitzka.

Auch für den sachsen-anhaltischen Teil der Dübener Heide setzt der Bienenförderer auf Projekte, die verschiedensten Partner integrieren. Acht neue Blühwiesen sind in einem Wettbewerb um die interessanteste und artenreichste Blühfläche im Naturpark Dübener Heide entstanden, in sechs Ortschaften wohnen die Bienen bereits in einem BEE-PASS Hotel. „Uns war es dabei wichtig, die Bienenbeuten in die Nähe von Schulen oder Kindergärten zu bauen. Um die Kinder in das Leben mit den Bienen einzubeziehen, um ihr Interesse zu wecken. In manchen Orten haben die Kinder dann auch bei der Bepflanzung der Blühwiesen mitgeholfen. Aber natürlich bedarf es der Unterstützung ansässiger Imker, die die Bienen betreuen. Darüber hinaus war es wichtig, die jeweiligen Bürgermeister, Landwirte und Einwohner für das Projekt zu gewinnen, die durch das Anlegen und Pflegen neuer Blühflächen unterstützen“, erklärt der engagierte Naturschützer. Das Konzept habe auch über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinweg für große Aufmerksamkeit gesorgt.

Derzeit entsteht eine Webseite, welche die Ergebnisse des im Dezember 2013 auslaufenden Projektes auch anderen Regionen und Akteuren in Europa zur Verfügung stellt. „Wir haben eine gute Grundlage geschaffen, auf der nun lokal weitergearbeitet werden muss. Es besteht ein reger Informationsaustausch, auch zu anderen wichtigen Themen wie zum Beispiel zum Wildtierschutz des Bibers oder des Wolfes. Auch hier sind die Herausforderungen aber auch die Erfahrungen der einzelnen Regionen sehr unterschiedlich. Aber die gemeinsame Sorge um bedrohte Flora und Fauna treibt uns an, gemeinsam nach neuen Lösungen zu suchen.“, so Axel Mitzka.

Der ELER trägt in Sachsen-Anhalt mit rund 904 Millionen Euro EU-Mittel - ein Viertel der gesamten dem Land von der EU zugewiesenen Fördergelder - dafür Sorge, dass die Entwicklung des ländlichen Raums sich als integraler Bestandteil der Gesamtpolitik für Beschäftigung und Wachstum vollzieht. Zusammen mit der nationalen Kofinanzierung stehen öffentliche Ausgaben in Höhe von 1,16 Milliarden Euro bereit. Zusätzlich will Sachsen-Anhalt 240 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt beisteuern, so dass das Land rund 1,326 Milliarden Euro für die Entwicklung des ländlichen Raums einsetzen kann.