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Memlebens verborgener Schatz

- von Kai Bieler -

Von dem einstigen kaiserlichen Wirken im damaligen Mimileba zeugen noch heute die tausend Jahre alten Überreste einer seinerzeit monumentalen Klosteranlage. Deren Besuch galt unter Reisenden lange Zeit als Geheimtipp. Um den historischen Reichtum der Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen, bauten die Gemeinde und der „Förderverein Kloster und Kaiserpfalz Memleben e.V.“ ein Museum auf, das die mittelalterliche Bedeutung von Kirche und Kaisertum für kulturinteressierte Touristen und Besucher erlebbar werden lässt. Die Einrichtung der touristischen Infrastruktur mitsamt Informationszentrum für die umliegende Region wurde durch Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ermöglicht.

Im romanischen Benediktinerkloster, das Kaiser und Ostfrankenkönig Otto II. hier im Jahr 979 zum Gedenken an seinen Vater stiftete, beteten die Mönche ehemals für das Seelenheil der Ottonen und das Wohlergehen des Volkes. Von dem einstigen Reichskloster zeugen heute noch immer die verbliebenen Mauerteile der Monumentalkirche mit ihrer gewaltigen Toranlage und der Klosterruine. Trotz ihrer geschichtlichen Bedeutung war ein Besuch der Anlage, die erst 1999 wieder in den Besitz der früheren Gemeinde Memleben überging, bisher ein Geheimtipp unter Touristen.

„Erst durch den Kauf des Klosterareals wurde eine breite touristische Nutzung überhaupt möglich“, erklärt Götz Ulrich, Bürgermeister der Verbandsgemeinde An der Finne. In der Folge bauten Förderverein und Gemeinde ein kleines Museum mit pädagogischem Programm auf und etablierten verschiedene Veranstaltungsangebote, um das Fortbestehen der Gesamtanlage langfristig zu sichern. So können die Besucher im Rahmen des Programms "Belebtes Kloster" in der original erhaltenen Krypta aus dem 13. Jahrhundert den Gebeten echter Mönche beiwohnen und bei Erlebnisführungen selbst ins Mittelalter eintauchen. „Trotzdem war die damalige Situation, die Besucher in einem kleinen Pförtnerhäuschen des ehemaligen Volkseigenen Gutes zu empfangen, für Gäste und Betreiber gleichermaßen unbefriedigend. Es gab keine Heizung und der bauliche Zustand war schlecht“, erinnert sich Götz Ulrich. Versteckt zwischen Sträuchern wies nur ein kleines Schild am Eingang der Anlage auf mögliche Besichtigungen hin. Die Museumsleiterin des Klosters und inzwischen auch Amtsleiterin für Tourismus in der Verbandsgemeinde Andrea Knopik kommt zu einem ähnlichen Urteil: „Es lag auf der Hand, dass wir dringend ein neues Besucherzentrum brauchten.“

Museum und Kloster standen allerdings „auf schwierigen finanziellen Füßen“, räumt Götz Ulrich ein: „Die Gemeinde Memleben war nicht in der Lage, alle notwendigen Maßnahmen zur Bauunterhaltung zu finanzieren.“ Mit Gründung der „Stiftung Kloster und Kaiserpfalz Memleben“ im Oktober 2008, die seitdem auch Eigentümer des Kloster ist und sich über zahlreiche Zustiftungen freuen konnte, sollte sich dies grundlegend ändern. Gemeinsam mit der Verbandsgemeinde erarbeite die Stiftung ein Konzept für den Fremdenverkehr, das sich in die touristische Perspektive der gesamten Region samt der hier vorbei führenden Straße der Romanik und dem Unstrutradweg eingliedern sollte.

Die Ideen für die architektonische Umsetzung des Neubaus lieferte ein Architekturwettbewerb an der Bauhausuniversität Weimar. Von den vierzehn eingereichten Vorschlägen entschied sich die Verbandsgemeinde für den Entwurf der Studentin Julia Degenhardt. Die bauliche Umsetzung wurde vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit 397.536,54 EUR gefördert. Das neue Gebäude selbst fügt sich nun als moderner Bauteil in die vorhandene Bausubstanz ein. Mittelalterlicher Ausschmückung nachempfundene Elemente wie der Wandelgang, der an einen Kreuzgang erinnert, verbinden den modernen Bau mit dem historischen Ambiente. Behindertengerechte Sanitäreinrichtungen sowie Abstellmöglichkeiten für Fahrräder zeigen nun den Komfort, den man von einer zeitgemäßen und qualitativ hochwertigen Anlage erwartet. Zum einen dient die „Klosterpforte“ als Besuchereingang für das Museum und zum anderen informiert dort die Verbandsgemeinde über die touristischen Angebote in der Region: so liegt beispielsweise die „Arche Nebra“ nur vier Kilometer entfernt und der nahegelegene Erlebnistierpark ist in nur vier Minuten zu Fuß erreichbar. Nach einjähriger Bauzeit wurde die neue „Klosterpforte“ im März 2012 in Anwesenheit von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff feierlich eröffnet.

„Viele Gäste nutzen das Besucherzentrum um das Kloster zu besichtigen, aber auch um sich zu informieren und von hier aus gezielt weiter zu fahren. Viele gehen mit stapelweisem Infomaterial wieder raus“, berichtet Museumleiterin Andrea Knopik. Bereits jetzt ist das Kloster Bestandteil des Antragsgebietes zur Aufnahme in die Welterbeliste der UNESCO. „Das Interesse an Memleben als Tourismusort in unserer Verbandsgemeinde hat deutlich zugenommen. Gemeinsam mit dem Erlebnistierpark erreichen wir jetzt Besucherzahlen von mehr als 200.000 im Jahr.“ Derzeit locken Sonderausstellungen und Workshops zu Themen wie „Belebtes Kloster“ oder „Herrschertod im Mittelalter“ in die alten Gemäuer. Stiftungsvorstand Götz Ulrich ist sich sicher: „Für das Gebiet unserer Verbandsgemeinde entwickelt sich die Tourismuswirtschaft nach der Lebensmittelindustrie und der Landwirtschaft zum wichtigsten Standbein.“

Weitere Informationen unter: http://www.kloster-memleben.de/

Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung - der EFRE - investiert gezielt in die Zukunft der Union als Ganzes. 1,93 Milliarden Euro stehen 2007-2013 für Sachsen-Anhalt bereit.

Die Förderpolitik setzt auf die stärksten Motoren des Wirtschaftswachstums: kleine und mittlere Unternehmen. Innovation, Forschung und Infrastrukturen sind zusätzlich im Fokus der Förderung. Arbeitsplätze schaffen, Wachstum fördern: Das sind die Hauptziele der Förderpolitik.