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Chinesisches Haus in Oranienbaum vor der Wiedereröffnung

Umfangreiche Restaurierung gibt kultureller Infrastruktur im Gartenreich Dessau-Wörlitz weiteren Schub. Die EU fördert die Maßnahme aus dem EFRE.

- von Grit Gröbel -

Der Besucher von Schloss und Park Oranienbaum trifft seit den neunziger Jahren immer wieder auf Restaurierungsarbeiten. Die denkmalpflegerische Instandsetzung der Parkanlagen gehört dazu. Kurz vor Abschluss steht nun die Restaurierung der Außenhaut und der baugebundenen Innenraumgestaltung des Chinesischen Hauses. Rund 1,4 Millionen Euro wurden seit Beginn der Baumaßnahme im Jahr 2008 bis zu ihrem Ende in diesem Sommer investiert. Über die Hälfte fördert die EU aus Geldern des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Der andere Teil sind Eigenmittel des Hausherren, der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz.

Glocken sind Sinnbild der Harmonie. In ihrer kulturellen und spirituellen Bedeutung stehen ihre Klänge auch für die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Diese Symbolkraft kann der aufmerksame Besucher des Chinesischen Hauses erfahren. Denn kleine Glöckchen befinden sich an seinem Dach.
Was dadurch bereits von außen harmonisch wirkt, setzt sich innen fort. Das um 1793 erbaute Gartenhaus setzt einen wirkungsvollen Akzent in der Chinesischen Partie des Oranienbaumer Parks. Unter englischem Einfluss hatte Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau den Inselgarten der Barockanlage um 1795 als exotischen Landschaftsgarten grundlegend umgestaltet. Während andere Chinagärten in Europa häufig verändert wurden, blieb dieses Ensemble ohne wesentliche Eingriffe erhalten. „Es stellt somit eine Rarität dar.“, erklärt Robert Hartmann, Restaurator bei der Kulturstiftung DessauWörlitz.
Seine Aussage bekommt umso mehr Gewicht, wenn die Nutzung des Chinesischen Hauses durch die Öffentlichkeit in Betracht gezogen wird. „Die Architektur und die Innengestaltung hatten im Ursprung einen bewusst ethnologischen Bezug. Die asiatische Kultur wurde präsentiert. Dabei war das Haus niemals eine Wunderkammer, es war öffentlich zugänglich. Und das war wiederum eine Seltenheit.“, erzählt der Restaurator.

Wenn sich die Türen erstmals nach der umfassenden Restaurierung wieder öffnen, stehen sie in guter Tradition für alle offen. Chinoises Interieur wird exemplarisch gezeigt werden. Um die fehlenden Papiertapeten zu ergänzen, finden zurzeit Recherchen statt. Doch bis es soweit ist, laufen die letzten Arbeiten auf Hochtouren, jene am Fries – ein Imitat aus Bambus – sind abgeschlossen. Die Außentüren sind nach historischer Vorlage neu angefertigt. Heutige Anforderungen wie bruchsicheres Glas inklusive. Die Architektur nach denkmalpflegerischer Zielsetzung wiederherzustellen, gehört zu den Aufgaben von Robert Hartmann. Diese Arbeit kann aber nur im Team realisiert werden. Gemeinsam mit dem Architekten Hinrich Rademacher geht man dabei sehr detailgetreu vor, zugunsten der harmonischen Gesamtwirkung des Hauses. Die Farbwahl des Daches war beispielsweise eine Herausforderung. Von einem Aquarell, das sich in der Anhaltischen Gemäldegalerie im Schloss Georgium befindet, inspiriert, wurde eine blau-gelbe Gestaltung in Erwägung gezogen. Eine archäologische und farbhistorische Untersuchung an originalen Resten verfeinerte die Wahl. Jetzt ist das Dach in Blau und Indischgelb gehalten.
Im Sommer 2011 soll die Einrüstung zurückgebaut werden, so dass das Chinesische Haus im Einklang mit dem Garten erlebbar sein wird. Wenn dann in zwei Jahren die Rekonstruktion der Tapeten abgeschlossen ist, wird auch der Innenraum des Chinesischen Hauses regulär begehbar sein.

Mit dem Abschluss der Arbeiten wird der gesamte anglo-chinoise Garten wiederhergestellt und das Ensemble als Ganzes erlebbar sein. Ein guter Grund für die EU, die Maßnahme aus dem EFRE zu fördern. Letztlich erhält damit die kulturelle Infrastruktur in der Region einen weiteren Schub und das Chinesische Haus nimmt den ihm gebührenden Platz in neuem Glanz ein: Es ist Zeugnis der Stilvielfalt im  Gartenreich Dessau-Wörlitz.

Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung - der EFRE - investiert gezielt in die Zukunft der Union als Ganzes. 1,93 Milliarden Euro stehen 2007-2013 für Sachsen-Anhalt bereit.

Die Förderpolitik setzt auf die stärksten Motoren des Wirtschaftswachstums: kleine und mittlere Unternehmen. Innovation, Forschung und Infrastrukturen sind zusätzlich im Fokus der Förderung. Arbeitsplätze schaffen, Wachstum fördern: Das sind die Hauptziele der Förderpolitik.