Menu
menu

De­sign auf der Na­no­me­ter­ska­la

14 Post-​Doc-Stellen an der Uni Halle für For­schung auf ato­ma­rer Ebene

(Von Wal­ter Liedt­ke, 18.11.2021) 

An der Martin-​Luther-Universität Halle-​Wittenberg fi­nan­ziert der Eu­ro­päi­sche Fonds für re­gio­na­le Ent­wick­lung (EFRE) die For­schungs­ar­beits­plät­ze von 14 pro­mo­vier­ten Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­lern aus Phy­sik und Che­mie im Rah­men des For­schungs­schwer­punkts „Na­no­struk­tu­rier­te Ma­te­ria­li­en“. Die För­de­rung mit rund 5,4 Mil­lio­nen Euro EU-​Mittel ist eine loh­nen­de In­ves­ti­ti­on: Zahl­rei­che Pro­jek­te, an denen hier auf der Ebene der ato­ma­ren Or­ga­ni­sa­ti­on von Ma­te­ria­li­en ge­forscht wird, kön­nen zu An­wen­dun­gen füh­ren, die un­se­re Zu­kunft ver­än­dern. Win­zi­ge, nach Be­darf re­kon­fi­gu­rier­ba­re Di­oden ma­chen Schalt­krei­se ef­fi­zi­en­ter und fle­xi­bler im Ver­gleich zu exis­tie­ren­den Bau­ele­men­ten. Na­no­par­ti­kel hel­fen dabei, dass sich mil­li­me­ter­gro­ße Lö­cher im Lack von Flug­zeu­gen oder Autos wie von Zau­ber­hand selbst schlie­ßen. Der EFRE in­ves­tiert im Rah­men des För­der­pro­gramms Sachsen-​Anhalt WIS­SEN­SCHAFT (Schwer­punk­te) in diese fas­zi­nie­ren­de For­schung, um Kom­pe­tenz­zen­tren im Be­reich For­schung aus­zu­bau­en, ins­be­son­de­re sol­che von eu­ro­päi­schem In­ter­es­se. Diese hohe Mess­lat­te wird von den For­sche­rin­nen und For­schern in Halle in vol­lem Um­fang er­füllt.

Ein For­schungs­schwer­punkt mit in­ter­na­tio­na­ler Sicht­bar­keit

Der For­schungs­schwer­punkt „Na­no­struk­tu­rier­te Ma­te­ria­li­en“ be­steht be­reits seit dem Jahr 2004 und leis­tet einen wich­ti­gen Bei­trag zum Pro­fil der Martin-​Luther-Universität und ihrer For­schungs­part­ner, des Max-​Planck-Instituts für Mi­kro­struk­tur­phy­sik und des Fraunhofer-​Instituts für Mi­kro­struk­tur von Werk­stof­fen und Sys­te­men. Ein Bei­spiel: Im Som­mer 2021 konn­te der Wis­sen­schaft­ler Dr. James Tay­lor für den Son­der­for­schungs­be­reich „Ul­trafast Spin Dy­na­mics“ TRR 227 ge­won­nen wer­den. „James Tay­lor ist per­fekt in der Her­stel­lung von zwei­di­men­sio­na­len Ma­te­ria­li­en mit nur we­ni­gen über­ein­an­der­ge­leg­ten ato­ma­ren Schich­ten“, er­klärt die Phy­si­ke­rin Prof. Dr. In­grid Mer­tig. Sie ist seit 2001 Pro­fes­so­rin für Theo­re­ti­sche Phy­sik in Halle und lei­tet den For­schungs­schwer­punkt zu Na­no­struk­tu­rier­ten Ma­te­ria­li­en. In den 1990er Jah­ren war sie welt­weit als Gast­pro­fes­so­rin un­ter­wegs, zum Bei­spiel in Paris, New York und Na­go­ya. Sie hat sich als wis­sen­schaft­li­che Ex­per­tin mit mehr als 200 Ver­öf­fent­li­chun­gen in­ter­na­tio­nal einen Namen ge­macht.

In der Na­no­for­schung puz­zelt man mit Ato­men

In der Na­no­tech­no­lo­gie baut man Ma­te­ria­li­en Atom für Atom auf: „Man puz­zelt“, be­schreibt es In­grid Mer­tig: „Man nimmt Atome und fügt sie zu einer ato­ma­ren Lage zu­sam­men. Da­durch kann man neue Ma­te­ria­li­en mit ganz neuen Ei­gen­schaf­ten her­stel­len. Es ent­ste­hen keine gro­ßen Blö­cke, son­dern sehr klei­ne Struk­tu­ren. Na­tür­lich gibt es ein Pro­to­koll, unter wel­chen Be­din­gun­gen diese Ma­te­ria­li­en re­pro­du­zier­bar und sta­bil sind.“ Im Max-​Planck-Institut für Mi­kro­struk­tur­phy­sik in Halle wer­den Na­n­oma­te­ria­li­en mit mo­derns­ten Ver­fah­ren her­ge­stellt. Ähn­lich wie in der As­tro­phy­sik, wo man Ster­ne, die viele Licht­jah­re ent­fernt sind, nur in­di­rekt nach­wei­sen kann, be­nö­tigt man auch in der Na­n­ophy­sik auf­wän­di­ge Tech­ni­ken und Ge­rä­te, um die­ses ato­ma­re Puz­zle zu cha­rak­te­ri­sie­ren.

EFRE fi­nan­ziert 14 Post-​Doc-Stellen

„Das Netz­werk lebt von der Zu­sam­men­ar­beit der For­schungs­part­ner“, be­tont In­grid Mer­tig den Wert ihres For­schungs­netz­werks in Halle. In jedem Jahr wer­den für die­sen For­schungs­schwer­punkt etwa zehn Mil­lio­nen Euro Dritt­mit­tel ein­ge­wor­ben – die EFRE-​Förderung steu­ert von 2016-2022 zu­sätz­li­che Mit­tel bei und ist damit ein wich­ti­ger Bau­stein des For­schungs­schwer­punkts. Denn damit wer­den den For­sche­rin­nen und For­schern, die als „Prin­ci­pal In­ves­ti­ga­tors“ im Netz­werk „Na­no­struk­tu­rier­te Ma­te­ria­li­en“ an der Uni­ver­si­tät Halle-​Wittenberg ar­bei­ten, 14 zu­sätz­li­che Plan­stel­len zur Ver­fü­gung ge­stellt. „Die Prin­ci­pal In­ves­ti­ga­tors sind Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren, aber auch Lei­ter von Nach­wuchs­for­scher­grup­pen, die ei­gen­stän­dig eine For­schungs­rich­tung ver­tre­ten,“ er­läu­tert In­grid Mer­tig: „Hin­ter den 14 Stel­len ste­hen 14 ver­schie­de­ne Pro­jek­te, die von den Post-​Docs be­ar­bei­tet wer­den.“ Diese Pro­jek­te sind an­wen­dungs­ori­en­tiert. Hier gehen je­doch keine Pro­duk­te in Serie. Das Ziel der Pro­jek­te ist, die Er­kennt­nis­se aus der Grund­la­gen­for­schung bis zur Be­schrei­bung einer An­wen­dung oder zur An­mel­dung eines Pa­tents wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. 

Pro­jekt­bei­spiel: Re­kon­fi­gu­rier­ba­re Di­oden

Das Prin­zip der re­kon­fi­gu­rier­ba­ren Di­oden hat Dr. Ersoy Sasio­glu ent­wor­fen. Eine Diode ist ein wich­ti­ges Bau­ele­ment in der Halb­lei­ter­tech­no­lo­gie. „Wir haben bei die­sem Pro­jekt ba­sie­rend auf un­se­rer Ma­te­ri­al­kennt­nis neue Ma­te­ria­li­en kom­bi­niert, die so in der Natur nicht vor­kom­men wür­den. Diese Ma­te­ria­li­en haben neue Ei­gen­schaf­ten. So ent­ste­hen Di­oden, die noch klei­ner sind, als die, die heute in der Halb­lei­ter­tech­no­lo­gie Ver­wen­dung fin­den. „Das Ent­schei­den­de ist: Diese Di­oden sind re­kon­fi­gu­rier­bar. Die Strom­rich­tung kann nach Be­darf ein­ge­stellt wer­den, die Strom-​Spannungskennlinie ist ideal und die Takt­fre­quenz ist sehr hoch.“ Ein deut­sches Pa­tent ist eta­bliert. Ein Welt­pa­tent ist an­ge­mel­det.

Pro­jekt­bei­spiel: Selbst­hei­len­de Ma­te­ria­li­en

Ein wei­te­res Bei­spiel für die EFRE-​finanzierte Na­n­oma­te­ri­al­for­schung ist die Ar­beit von Prof. Dr. Wolf­gang H. Bin­der am In­sti­tut für Ma­kro­mo­le­ku­la­re Che­mie. „Für die Be­schich­tung von La­cken ver­wen­det man Ma­kro­mo­le­kü­le, so­ge­nann­te ther­mo­plas­ti­sche Elas­to­me­re“ er­klärt In­grid Mer­tig. Sie wer­den etwa bei der Be­schich­tung von Autos oder Flug­zeu­gen ver­wen­det. Doch darin kön­nen mil­li­me­ter­gro­ße Lö­cher ent­ste­hen, die eine Ge­fah­ren­quel­le dar­stel­len. „Des­halb fügt man den Elas­to­me­ren nun na­no­me­ter­gro­ße Par­ti­kel zu, die in der Lage sind, diese mil­li­me­ter­gro­ßen Lö­cher wie­der zu schlie­ßen und das Netz­werk der Ma­kro­mo­le­kü­le wie­der­her­zu­stel­len.“ Das Er­staun­li­che ist: Die Par­ti­kel, die die­sem Ma­kro­mo­le­kül bei­gefügt wer­den, haben die Ei­gen­schaft, die win­zi­gen Lö­cher von selbst zu kor­ri­gie­ren.

Die For­schung geht wei­ter

Ende Sep­tem­ber 2022 läuft die Fi­nan­zie­rung der 14 Post-​Doc-Stellen im For­schungs­netz­werk Na­no­struk­tu­rier­te Ma­te­ria­len an der Uni­ver­si­tät Halle-​Wittenberg aus. Das be­deu­tet aber nicht, dass die For­schung auf die­sem Ge­biet dann ab­ge­schlos­sen ist: „Wir be­mü­hen uns um eine An­schluss­fi­nan­zie­rung, auch im EFRE-​Bereich“, be­tont In­grid Mer­tig, „denn For­schung hat nie­mals ein Ende. Mit allem, was man ent­deckt, wirft man neue Fra­gen auf.“

Hier fin­den Sie wei­te­re in­ter­es­san­te Bei­spie­le, wie die Men­schen von EU-​Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-​Anhalt nach­hal­tig pro­fi­tie­ren. 

Wei­te­re Quel­len: