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Der Mensch bleibt der Mittelpunkt des Arbeitssystems

Das Fraunhofer IFF baut mit EFRE-Förderung die „Elbfabrik“

(Von Walter Liedtke, 09.12.2021) 

Im Wissenschaftshafen in Magdeburg entsteht derzeit ein neues Gebäude: Die „Elbfabrik“ des Fraunhofer IFF. Sie erweitert den dort bereits stehenden Institutsteil der Forschungseinrichtung, das „Virtual Development and Training Centre“ (VDTC). Im Frühjahr 2022 soll sie an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum weiteren Innenausbau übergeben werden. Das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF erforscht und entwickelt Anwendungen für Kunden aus der Industrie, für den Mittelstand und die öffentliche Hand. Dabei unterstützt es Unternehmen zum Beispiel mit Lösungen für die sichere Mensch-Roboter-Kollaboration, intelligente Assistenzsysteme und innovative Fabrikkonzepte, aber auch bei der Integration erneuerbarer Energien in den Produktionsprozess – bis hin zur Umsetzung direkt im Unternehmen. Mit dem Erweiterungsbau wird das Fraunhofer IFF seine Flächen für technische Entwicklungen und Demonstratoren glatt verdoppeln. Künftig werden sich hier mittelständische Unternehmen aus Sachsen-Anhalt sehr anschaulich über Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung ihrer Produktion informieren können. 

„Elbfabrik“ zeigt intelligente Automatisierung

Die neue „Elbfabrik“ wird – zusammen mit den dort bereits bestehenden Laboren und Einrichtungen des Instituts – eine Experimental- und Demonstrationsfabrik mit insgesamt 4.500 Quadratmetern Nutzfläche bilden. Die Kosten für den Erweiterungsbau liegen bei 19,9 Millionen Euro. Die Mittel kommen zur Hälfte von der Europäischen Union aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Die andere Hälfte teilen sich das Land Sachsen-Anhalt und der Bund. Der EFRE finanziert den Bau aus seinem Förderprogramm zum „Auf- und Ausbau der wirtschaftsnahen Innovationsinfrastruktur“. 

Die Themen Innovation und Transfer stehen im Fokus der Elbfabrik: „Wir wollen zeigen, wie man durch intelligente Automatisierung und durch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz die Produktion nachhaltig und resilient gestalten kann“, erläutert Christian Blobner, der am Fraunhofer IFF für das strategische Forschungsmanagement zuständig ist. Das Ziel ist, über die Mitgestaltung einer klimafreundlichen Produktion und Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen dabei zu helfen, den Produktionsstandort Deutschland und Europa zu sichern. 

Noch ist der Erweiterungsbau nicht mehr als eine große, leere Halle. Wenn alle Arbeiten abgeschlossen sind, sollen Besucher und Kunden hier eine Zukunftsfabrik erkunden können, die aufzeigt, wie die Produktion von morgen aussehen soll. „Wir werden hier einen integrierten Gesamtdemonstrator aufbauen, der beispielhaft einen kompletten Produktionsprozess darstellt: Vom Wareneingang über die Kommissionierung und die Vorverarbeitung, die manuelle oder automatisierte Montage bis hin zur Qualitätsprüfung und zum Versand. Dies wird beispielsweise intelligente Mess- und Steuerungssysteme umfassen, künstliche Intelligenz und autonome Robotik- und Assistenzsysteme. Und wir werden zeigen, wie eine intelligente und sichere Versorgung von Produktionssystemen mit Energie aus erneuerbaren Quellen sichergestellt werden kann", erklärt Christian Blobner.

Forschungstransfer in den regionalen Mittelstand

Wie das im Detail aussehen wird, soll bei der Einweihung des vollständig fertigen Gebäudes vorgestellt werden, die für 2023 geplant ist. Doch eins ist klar: Hier sollen konkrete Chancen der Digitalisierung für Unternehmen greifbar werden. Christian Blobner: „Für den Mittelstand ist es wichtig, dass man die Chancen und Risiken an einem anschaulichen und handhabbaren Beispiel demonstrieren kann.“ Das Fraunhofer IFF arbeitet seit Jahrzenten mit der Industrie an vergleichbaren Projekten und verfügt über einen großen Schatz an Erfahrungen. „Dieses Wissen und diese Kompetenzen wollen wir für den regionalen Mittelstand nutzbar machen.“

Der virtuelle Zwilling zum realen Demonstrator

Die neue Demonstrationsumgebung existiert nicht nur im Kopf der Fachleute am Fraunhofer IFF, sondern es gibt sie bereits als digitalen Zwilling im benachbarten „Elbedome“, einem der größten 360-Grad-Labore für Virtuelle Realität in Europa. Auch dieses Vorhaben wurde mit EFRE-Mitteln unterstützt. Kunden und Stakeholdern will man bei künftigen Vor-Ort-Terminen im Wissenschaftshafen sagen können: „Wir schauen uns das jetzt hier einmal virtuell im Elbedome an. Wir können aber genauso gut einmal herübergehen auf unsere Technikumsfläche. Und da steht genau diese Anlage ganz real und macht genau das Gleiche, was wir eben gerade digital im Elbedome gesehen haben.“

Technik passt sich an den Menschen an

In der „Elbfabrik“ wollen die Forschenden des IFF auch weiter daran arbeiten, wie der Mensch in den Fabriken der nahen Zukunft durch intelligente Assistenzsysteme unterstützt und wie er von bestimmten Aufgaben mittels Automatisierung entlastet werden kann. Eine Arbeit, die sich immer stumpf wiederholt, die körperlich sehr anstrengend ist oder eine sehr hohe Präzision erfordert, kann eine Maschine tatsächlich besser. Doch was ist notwendig, um diese Automatisierung zu ermöglichen? Und wie kann man die Qualitäten, die ein Mensch den Maschinen heute noch voraushat – also seine Kreativität, seine Fähigkeit Probleme zu lösen und schnell neue Dinge zu begreifen – in der Produktion so einsetzen, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen erhöht wird? „Das Thema Mensch-Zentrierung in der Produktion ist für uns sehr wichtig“, betont Christian Blobner. Dafür integrieren die Forschenden nicht nur sozial- und arbeitspsychologische Erkenntnisse in ihre Arbeit, sondern sie entwickeln und vernetzen zum Beispiel auch verschiedenste Sensoren, um mit deren Hilfe ein umfassendes digitales Abbild der realen Produktion – einen nahezu vollständigen digitalen Zwilling – zu erschaffen. Nach ihren Vorstellungen sollen Maschinen die damit erzeugte Datenwelt mit Hilfe künstlicher Intelligenz auswerten und sich so flexibel und in Echtzeit in ihrer Umgebung zurechtfinden und in ihr bewegen, damit sie selbstständig ihre Aufgaben erledigen können. Und natürlich sollen sich die intelligenten Maschinen auf diesem Weg auch auf die individuellen Situationen und Bedarfe der menschlichen Mitarbeitenden einstellen können und sie sicher und störungsfrei unterstützen. 

Intensiver Kontakt zum Mittelstand

Dies alles soll keine Zukunftsmusik bleiben, sondern möglichst bald Teil des Arbeitsalltags in vielen Fabriken in Sachsen-Anhalt werden. Der Erweiterungsbau bietet dem Fraunhofer IFF verbesserte Möglichkeiten, um den Mittelstand an die Welt der Spitzentechnologie heranzuführen. Denn Digitalisierung und Industrie 4.0 versprechen auf einen Schlag Produktivitätssteigerungen von bis zu 30 Prozent. Dabei fängt das Fraunhofer IFF nicht bei Null an. Neben seinen schon vorhandenen Demonstrations- und Technikflächen beherbergt es auch bereits die Demonstratoren sowohl für das Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum „vernetzt wachsen“ als auch für das bundesweit agierende Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum „Planen und Bauen“ in Magdeburg. „Wir wollen den Erweiterungsbau auch dafür nutzen, um neue Angebote für den Mittelstand in Sachsen-Anhalt zu entwickeln“, blickt Christian Blobner voraus. Wenn das neue Gebäude einmal in Betrieb ist, hilft die Elbfabrik der mittelständischen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt dabei, innovativ zu bleiben und im Wettbewerb zu bestehen.

Hier finden Sie weitere interessante Beispiele, wie die Menschen von EU-Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-Anhalt nachhaltig profitieren. 

Weitere Quellen: