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„BurgLabs“ er­for­schen Zu­sam­men­spiel von Ma­te­ri­al, Tech­no­lo­gie und Zu­kunft

EU-​Förderung für krea­ti­ve Ex­pe­ri­men­tier­räu­me an der Kunst­hoch­schu­le Halle 

(Von Wal­ter Liedt­ke, 14.09.2021) 

An der Burg Gie­bi­chen­stein Kunst­hoch­schu­le Halle kann man Kunst und De­sign stu­die­ren. Der Fach­be­reich De­sign ist sogar der größ­te in Deutsch­land. Des­we­gen wer­den im Stu­di­um auch ganz be­son­de­re Ak­zen­te für die an­ge­hen­den De­si­gne­rin­nen und De­si­gner ge­setzt. Neben den zahl­rei­chen Werk­stät­ten gibt es drei La­bo­ra­to­ri­en, die das Zu­sam­men­spiel von Ma­te­ri­al und Tech­no­lo­gie von mor­gen aus­lo­ten: Das Sus­tain­Lab, das Bio­Lab und das XLab be­fas­sen sich mit den The­men Nach­hal­tig­keit, Bio­tech­no­lo­gie und Ro­bo­tik/Künst­li­che In­tel­li­genz. Fi­nan­ziert wer­den die drei Labs vom Eu­ro­päi­schen Fonds für re­gio­na­le Ent­wick­lung (EFRE) über das Pro­gramm Sachsen-​Anhalt Wis­sen­schaft – Schwer­punk­te für die Jahre 2020 bis 2022 mit über 1,25 Mil­lio­nen Euro. Das Pro­gramm för­dert Pro­jek­te von For­schungs­schwer­punk­ten und in­no­va­ti­ven For­schungs­vor­ha­ben im Wis­sen­schafts­be­reich.

Kennt­nis­se ver­mit­teln, Neu­gier und Kri­tik­fä­hig­keit stär­ken

Im De­sign spie­len Ma­te­ri­al, Tech­no­lo­gie und In­ge­nieur­wis­sen­schaf­ten schon immer eine große Rolle. Doch durch neue Tech­ni­ken wie Künst­li­che In­tel­li­genz und 3-​D-Druck, aber auch Fra­gen der Nach­hal­tig­keit fin­det der­zeit ein Pa­ra­dig­men­wech­sel statt, er­klärt Prof. Die­ter Hof­mann, Rek­tor der Kunst­hoch­schu­le: „Die­ser Pa­ra­dig­men­wech­sel muss jun­gen Ge­stal­te­rin­nen und Ge­stal­tern ver­mit­telt wer­den. Sie müs­sen sich mit die­sen neuen Tech­ni­ken und Denk­wei­sen aus­ken­nen. Die La­bo­ra­to­ri­en sind eine neu­ar­ti­ge Form von Werk­stät­ten. Sie brin­gen das Know-​how, das wir für die De­si­gn­aus­bil­dung, aber auch für die Kunst­aus­bil­dung brau­chen, in die BURG.“

Ma­rei­ke Gast ist Pro­fes­so­rin für In­dus­tri­al De­sign. Sie lei­tet das Pro­jekt BurgLabs. Ihr For­schungs­schwer­punkt ist, wie sich Ma­te­ria­li­en und Tech­no­lo­gien als Aus­gangs­punkt der Ent­wick­lung in­no­va­ti­ver und nach­hal­ti­ger Pro­duk­te und Sys­te­me nut­zen las­sen. Sie hat eine klare Vor­stel­lung davon, was die Stu­die­ren­den in den Labs ler­nen sol­len: „Das Ziel ist eine kri­ti­sche, aber auch an­wen­dungs­ori­en­tier­te und pra­xis­na­he Aus­ein­an­der­set­zung mit dem je­wei­li­gen Thema. Au­ßer­dem wol­len wir den Stu­die­ren­den ein gro­ßes Wis­sen zu ak­tu­el­len Ver­ar­bei­tungs­tech­no­lo­gien ver­mit­teln und gleich­zei­tig diese auch selbst wei­ter­den­ken und wei­ter­ent­wi­ckeln.“ Sie ver­steht die Labs als einen Mög­lich­keits­raum, um ver­schie­de­ne Zu­kunfts­sze­na­ri­en aus­zu­lo­ten. Dabei ist ihr wich­tig: „Denk­ba­re Sze­na­ri­en sol­len nicht so­fort be­wer­tet wer­den, son­dern die Stu­die­ren­den sol­len die Füh­ler aus­stre­cken und un­ge­wohn­te Wege ein­schla­gen.“

Die Auf­bau­pha­se ist ab­ge­schlos­sen

Das Pro­jekt BurgLabs nahm am 1. Mai 2020 seine Ar­beit auf. In jedem Lab wur­den zwei Fach­leu­te ein­ge­stellt – immer je­mand aus der Ge­stal­tung und je­mand aus der Wis­sen­schaft. „So ar­bei­ten im Sus­tain­Lab ein Um­welt­wis­sen­schaft­ler und eine auf Nach­hal­tig­keit spe­zia­li­sier­te De­si­gne­rin. Im XLab haben wir eine Künst­le­rin, die auch KI stu­diert hat, und einen Ar­chi­tek­ten, der sich sehr in­ten­siv mit ro­bo­ti­schen Tech­ni­ken aus­ein­an­der­ge­setzt hat“, be­rich­tet Ma­rei­ke Gast. Dazu kom­men stu­den­ti­sche Hilfs­kräf­te. Co­ro­na­be­dingt konn­ten Stu­die­ren­de die Labs bis­lang nur schritt­wei­se und in be­grenz­ter Zahl nut­zen. Doch das än­dert sich nun. 

Die so­ge­nann­ten Frühjahrs-​ und Herbst­ses­si­ons sind re­gel­mä­ßi­ge Events an der Burg Gie­bi­chen­stein Kunst­hoch­schu­le Halle. Erste Ar­beits­in­hal­te der drei Labs konn­ten im Rah­men der dies­jäh­ri­gen Früh­jahrs­ses­si­on nur di­gi­tal mit der Fach­öf­fent­lich­keit ge­teilt wer­den. Die Herbst­ses­si­on fand wie­der vor Ort und mit Pu­bli­kum statt, denn im Sep­tem­ber 2021 war die Pan­de­mie­si­tua­ti­on nicht mehr so pre­kär. Es gab di­ver­se Work­shops und Vor­trä­ge. Die For­schung der Mit­ar­bei­ten­den und die Stu­die­ren­den­pro­jek­te wur­den vor­ge­stellt. Die Öf­fent­lich­keit konn­te über eine Aus­stel­lung des Sus­tain­Lab Ein­bli­cke in des­sen Ar­beit ge­win­nen. In so­ge­nann­ten „BurgLab Cafés“ wurde in­ter­dis­zi­pli­när mit Ex­ter­nen dis­ku­tiert. Ein wich­ti­ges Thema der Labs sind auch die Po­ten­zia­le und Ri­si­ken von Tech­no­lo­gien, die öf­fent­lich wenig dif­fe­ren­ziert dis­ku­tiert wer­den, wie bei­spiels­wei­se Künst­li­che In­tel­li­genz oder die Bio­tech­no­lo­gie: Die BurgLabs möch­ten den Dis­kurs als auch die Ent­wick­lun­gen selbst aktiv mit­ge­stal­ten.

Schwer­punkt­the­ma „Boden“

Im Rah­men der Herbst­ses­si­on 2021 wurde zum Bei­spiel ein drei­tä­ti­ger Work­shop mit dem Titel „Rammed Earth“ an­ge­bo­ten. Dabei geht es um den künst­le­ri­schen Um­gang mit der jahr­tau­sen­de­al­ten Bau­tech­nik Stampf­lehm. Krü­me­li­ge, erd­feuch­te und re­la­tiv ma­ge­re Lehm­mas­se wird la­gen­wei­se in eine Scha­lung ein­ge­schüt­tet und durch Stamp­fen ver­dich­tet. Der Work­shop ging ver­schie­de­nen Fra­gen nach, etwa, wie man das Stamp­fen mit ro­bo­ti­schen Mög­lich­kei­ten ver­fei­nern kann. Ma­rei­ke Gast: „Die Stu­die­ren­den sol­len nicht nur neue Tech­ni­ken aus­pro­bie­ren, son­dern diese auch kri­tisch re­flek­tie­ren: Ist das die Art, wie wir mit Boden um­ge­hen soll­ten oder kön­nen wir in den ge­stampf­ten Boden doch noch Lö­cher für die Be­wäs­se­rung ein­brin­gen oder Soll­bruch­stel­len ein­fü­gen?“ Auf­bau­end auf den Er­geb­nis­sen des Work­shops und der bis­he­ri­gen For­schungs­ar­beit des Sus­tain­Lab zu die­sem Thema wer­den sich vier Stu­die­ren­de im nächs­ten Se­mes­ter in­ten­siv mit ro­bo­ti­schem Stampf­lehm in Form einer Re­si­den­cy be­schäf­tig­ten. 

Star­ke De­sign­wirt­schaft in Sachsen-​Anhalt

Prof. Die­ter Hof­mann ist froh über die EFRE-​Förderung, die sei­ner Hoch­schu­le zu­gu­te­kommt: „Das gibt uns Ge­le­gen­heit, Dinge zu tun, die im nor­ma­len Hoch­schul­bud­get nicht mög­lich sind und wir kön­nen For­schungs­schwer­punk­te ent­wi­ckeln. Die an­de­ren deut­schen Kunst­hoch­schu­len be­nei­den uns um Pro­jek­te wie die BurgLabs oder auch um das Pro­jekt „Burg grün­det!“ In Sachsen-​Anhalt gibt es eine Aus­bil­dungs­dich­te im Fach De­sign, die welt­weit ih­res­glei­chen sucht, be­rich­tet er: „Doch das Land hat nur we­ni­ge An­ge­bo­te für junge De­si­gne­rin­nen und De­si­gner, um sie in Lohn und Ar­beit zu brin­gen. Des­we­gen sind wir sehr glück­lich, dass wir schon seit zehn Jah­ren das Pro­jekt ‚Burg grün­det!‘ haben.“ Durch eine ak­tu­el­le Bran­chen­stu­die De­sign­wirt­schaft wurde be­legt, dass das De­sign ein er­heb­li­cher Wirt­schafts­fak­tor ist. Bei „Burg grün­det!“ geht es darum, die Start­be­din­gun­gen für Ab­sol­ven­tin­nen und Ab­sol­ven­ten zu ver­bes­sern, damit sie nicht aus Sachsen-​Anhalt ab­wan­dern. „Burg grün­det!“ wird von De­zem­ber 2020 bis März 2022 aus Mit­teln des Eu­ro­päi­schen So­zi­al­fonds (ESF) über das Pro­gramm ego.-​Konzept ge­för­dert, das Exis­tenz­grün­de­rin­nen und -​gründer fi­nan­zi­ell un­ter­stützt. Die­ter Hof­mann: „Wenn man die In­no­va­ti­ons­kraft, die durch die Design-​Ausbildung in die­sem Land ent­steht, hier er­hält, dann setzt Sachsen-​Anhalt damit auch welt­weit ein Zei­chen.“

Hier fin­den Sie wei­te­re in­ter­es­san­te Bei­spie­le, wie die Men­schen von EU-​Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-​Anhalt nach­hal­tig pro­fi­tie­ren. 

Wei­te­re Quel­len: