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I VERANSTALTUNGSRÜCKBLICK

2. Ostdeutscher Europadialog der chemisch-pharmazeutische Branche

 Unter dem Titel „Europawahl 2024: Droht Europa eine Deindustrialisierung? Anforderungen an die neue Legislatur“ fand am 29. November der 2. Ostdeutsche Europadialog der chemisch-pharmazeutische Branche in der Landesvertretung Brüssel statt. Eingeladen dazu hatten der Verband der Chemischen Industrie e.V., Landesverband Nordost (VCI Nordost) und das Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze ging in seinem Impulsstatement auf die hervorgehobene Stellung der chemischen und pharmazeutischen Industrie für die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt ein. Beiden Branchen zählten zu den umsatzstärksten im Land und seien wichtige Arbeitgeber. Der größte Chemiepark Deutschlands befinde sich beispielsweise in Sachsen-Anhalt. In Leuna hätten sich viele internationale Unternehmen angesiedelt, die gerne ihr Geschäftsmodell weiterführen würden. Allerdings stellten die konjunkturelle Lage, der Fachkräftemangel und die hohen Energie- und Rohstoffkosten aktuell eine große Herausforderung für die Unternehmen dar. Die Europawahl im nächsten Jahr sei daher enorm wichtig.

Dr. Christian Matschke, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Chemischen Industrie e.V., Landesverband Nordost, hob in seiner Rede hervor, dass die wirtschaftliche Lage weiterhin sehr ernst sei. In der Pharmaindustrie gebe es immer noch Lieferengpässe, so seien 500 Arzneimittel (z.B. Antibiotika, Fiebersäfte) zurzeit nicht erhältlich in Deutschland. Im internationalen Vergleich zahle Deutschland beim Strompreis 15 ct/kWh, 4 ct/kWh seien es in den USA und 2 ct/kWh in China. Dies bringe den internationalen Wettbewerb in Schieflage. Der Grüne Deal sei wichtig auf dem Weg zur Klimaneutralität Europas bis 2050. Man müsse aber aufpassen, dass er nicht zum Rohrkrepierer werde, wenn erstens die Nachhaltigkeitsziele nicht erreicht würden und zweitens die innovativen Industrien abwanderten.

Michael Hager, Kabinettschef bei Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident der EU-Kommission für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen und Kommissar für Handel, stellte in seiner Keynote fest, dass der Grüne Deal 2019 zum Antritt der derzeitigen EU-Kommission das große Momentum gewesen sei. Der fehlende Dialog mit der Industrie, auch teilweise der Corona-Pandemie geschuldet, habe aber dazu geführt, dass die hohen Ziele des Grünen Deal schwierig umzusetzen seien. In den Handelsverhandlungen mit Drittstaaten seien die Vorgaben des Grünen Deal oft ebenfalls nicht hilfreich. Vorwürfe wie Neokolonialismus und grüner Imperialismus stünden dabei gelegentlich im Raum. Dieses Mismatch müsse die zukünftige EU-Kommission ausräumen. Er forderte aber auch ein größeres Einmischen Deutschlands und seiner Wirtschaft in der Handelspolitik. Er vermisse vor allem die Stimmen, die sich für eine proaktive Handelspolitik einsetzten.

In der anschließenden Podiumsdiskussion tauschten sich die eben genannten Personen mit dem Europaabgeordneten Dr. Christian Ehler und Grit Müller, Geschäftsführerin Salutas Pharma GmbH in Barleben, unter anderem zur Frage aus, wie Europa als innovativer Industriestandort weiterhin global bestehen könne und welche Weichenstellungen dafür auf europäischer Ebene notwendig seien. Dr. Christian Ehler forderte, die neue EU-Kommission müsse sich auf die Kontrolle der Umsetzung der bestehenden Gesetze und eine stärkere Deregulierung konzentrieren. Grit Müller ergänzte, dass – neben der Fortführung des gemeinsamen Dialogs zwischen Politik und Wirtschaft – auch eine konsequente Digitalisierung notwendig sei, um die Vielzahl an Aktenordnern, die sie für jedes Bauvorhaben einreichen müsse, abzuschaffen. • dw, Bilder: LV Brüssel

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