„Make up your MINT“ – mit Mathe und Co. die Zukunft gestalten
EU-gefördertes Projekt will mehr Mädchen für MINT-Fächer begeistern
(Von Sylvia Bösch, 17.03.2020)
„Bei unseren Informatik-Studiengängen ist die Frauenquote nach wie vor niedrig. Wir sind noch lange nicht bei 50 Prozent angekommen“, sagt Korinna Bade, Professorin am Fachbereich Informatik und Sprachen der Hochschule Anhalt in Köthen. Von Anfang an war es für die 39-Jährige eine Herzensangelegenheit, junge Frauen für den MINT-Bereich zu interessieren: „Dadurch hat sich auch ergeben, dass wir verschiedene Projekte auf den Weg gebracht haben.“ Für sie war schnell klar, dass sie Informatik studieren möchte. „Meine Eltern haben das Interesse für Technik beziehungsweise Computer schon sehr früh bei mir gefördert und unterstützt. Meine Mutter war selbst als Mathematikerin und Programmiererin im MINT-Bereich aktiv. Außerdem habe ich ein MINT-Gymnasium besucht, was mich schließlich dazu bewogen hat, in diese Richtung zu gehen.“
Informatik und Naturwissenschaften stehen im Fokus
Zurzeit leitet Korinna Bade das Projekt „Make up your MINT“, das Mädchen und jungen Frauen insbesondere in der Studieneingangsphase Einblicke in den MINT-Bereich bietet. Außerdem sollen sie im Projekt eigene Fähigkeiten und Interessen im MINT‐Bereich erkennen. Das Projekt zählt zu den „Angeboten zur Geschlechtergleichstellung und Nichtdiskriminierung“, die über den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert werden. An den Gesamtkosten von rund 333.000 Euro beteiligt sich die EU mit rund 300.000 Euro. „Der Titel ‚Make up your MINT‘ ist eine Anspielung auf ,Make up your mind‘. Das heißt, die Schülerinnen sollen sich Gedanken machen, wie sie ihre Zukunft gestalten wollen“, erklärt Korinna Bade. Außerdem nimmt der Titel auf Make Up Bezug. „Wir nehmen also Dinge als Aufhänger, die in der Lebenswelt der Mädchen von Interesse sein könnten“, so Bade. Schließlich steckt auch der Begriff MINT im Titel. „Weil es um MINT-Fächer allgemein geht, also um Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.“ Einen großen Fokus bilden die Informatik und die Naturwissenschaften. „Das Besondere an dem Projekt ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Fachbereichen. So können wir den Schülerinnen die Wahl geben, sich sowohl in Informatik als auch in Naturwissenschaften erst einmal auszuprobieren und nicht von vornherein einen Bereich auszuschließen“, erläutert Korinna Bade.
Reallabore und Onlinelabore
In beiden Fachbereichen werden Lernlabore entwickelt und durchgeführt. Diese finden entweder als Reallabor oder als Onlinelabor statt. Bei den Reallaboren können die jungen Frauen vor Ort bei der Hochschule Anhalt in verschiedene Themen hineinschnuppern. Alle zwei Wochen gibt es eine Arbeitsgemeinschaftsform in Naturwissenschaften. „Die Mädchen kommen dann einen Nachmittag zu uns und stehen im Labor. Sie können dort die Gerätschaften benutzen und verschiedene Experimente machen“, beschreibt die Projektleiterin. Im Moment stehen dort chemische Fragestellungen im Vordergrund. Außerdem können die jungen Frauen im Rahmen von Projekttagen in verschiedene Themen der Informatik und der Naturwissenschaften einsteigen. So fand z. B. ein Projekttag zur Programmierung von micro:bits in den Winterferien statt. Der micro:bit ist ein Mikrocontroller, mit dessen Hilfe Kinder und Jugendliche an das Programmieren herangeführt werden können.
„Wir haben in der Region Anhalt sehr viel ländlichen Raum und stellen immer wieder fest, dass die Fahrtwege für die Mädchen eine größere Hürde sind. Um zu uns in die Hochschule zu kommen, müssen sie teilweise noch eine halbe Stunde mit dem Bus fahren. Daher möchten wir insbesondere auch Online-Lernlabore etablieren und das Ganze in den digitalen Raum übertragen“, so die Informatik-Professorin. Die Mädchen arbeiten zu Hause an ihrem eigenen PC oder in ihrer Schule und bekommen die Lektionen am Bildschirm präsentiert. Korinna Bade hat mit ihrem Projektteam Video-Tutorials erstellt, die Schritt für Schritt alles erläutern. Zusätzlich unterstützen die Projektmitarbeiterinnen und Projektmitarbeiter die jungen Frauen bei Fragen. Jeder Kurs besteht aus etwa zehn Lektionen. „Die Kurse sind so angelegt, dass man sich jede Woche einmal Zeit für eine Lektion nimmt. So beschäftigen sich die Mädchen über einen kontinuierlichen Zeitraum mit dem Thema. Die benötigten Materialien können sie sich bei uns ausleihen. Sie bekommen dann ein kleines Paket nach Hause geschickt, in dem sich für einen Informatikkurs zum Beispiel ein mico:bit sowie die notwendigen Kabel und Kleinteile befinden“, erklärt Bade. Zwei fertige Kurse in der Informatik gibt es bereits. Ein Onlinelabor in Chemie wird gerade erstellt.
Studieren mehr Frauen nach dem Projekt einen MINT-Studiengang?
Von den Teilnehmerinnen bekommt Korinna Bade regelmäßig positives Feedback. Insbesondere der Mitmachcharakter in den Lernlaboren kommt gut an. Die Frage, ob dadurch wirklich mehr Frauen MINT-Berufe studieren, kann man allerdings nicht von heute auf morgen beantworten. „Wenn eine Schülerin am Lernlabor teilgenommen hat, dauert es schließlich noch einige Zeit, bis sie die Schule abgeschlossen hat und sich für ein Studium entscheiden muss“, sagt Korinna Bade. „Beim Vorgänger des „Make up your MINT“-Projekts konnten wir allerdings inzwischen beobachten, dass viele der ehemaligen Teilnehmerinnen sich später bei uns für ein MINT-Studium eingeschrieben haben. Und interessanterweise auch nicht nur in einem bestimmten Studiengang, sondern in verschiedene MINT-Studiengänge“, freut sich die Projektleiterin. Sie betont: „Ohne die EU-Fördergelder wären diese Projekte sicher so nicht möglich gewesen. Dafür sind wir sehr dankbar. Durch die Unterstützung der Förderprojekte konnten wir in den letzten Jahren auch ein sehr gutes Netzwerk an Schulen aufbauen, mit denen wir regelmäßig zusammenarbeiten.“
Hier finden Sie weitere interessante Beispiele, wie die Menschen von EU-Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-Anhalt nachhaltig profitieren.
Weitere Quellen:
Die einzelnen Förderbereiche des ESF in Sachsen-Anhalt finden Sie hier.
Presseportal „Europa vor Ort in Sachsen-Anhalt“ der Europäischen Kommission