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Aktiv ins Berufsleben

EU-Förderprojekt stärkt Menschen beim beruflichen Neuanfang

(Von Alexander Lorber, 20.11.2019)

„Wer viele Jahre arbeitslos ist, fühlt sich irgendwann ganz auf sich allein gestellt“, sagt Christiane Horn vom Ausbildungsverbund der Wirtschaftsregion Braunschweig/Magdeburg (ABV). „Deshalb ist es ganz wichtig, den Betroffenen zu zeigen, dass man für sie da ist und ihnen Hilfe bietet.“ Das Projekt „Aktiv ins Berufsleben“ (AiB)  hat seit seinem Start im Oktober 2016 vielen Menschen geholfen, die zuvor lange Jahre arbeitslos waren. Insgesamt haben in der gesamten Laufzeit von drei Jahren 97 Menschen aller Altersgruppen am Projekt teilgenommen. Davon haben sich 21 mit Erfolg zurück ins Arbeitsleben gekämpft. Damit das Projekt sich möglichst intensiv und eine längere Zeit um die Betroffenen kümmern konnte, wurde es vom Land Sachsen-Anhalt und durch EU-Mittel in Höhe von rund 503.000 Euro aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) im Rahmen des Programms „Aktive Eingliederung“ gefördert und finanziert.

Jedes Hindernis ist überwindbar
Die Probleme der Teilnehmenden waren oft vielschichtig, erzählt Christiane Horn: Finanzielle Schwierigkeiten, Drogensucht, kein Zugang zum Internet, manchmal war die Wohnsituation katastrophal, etwa wegen starkem Schimmelbefall. In solchen Fällen musste das Projekt-Team den Betroffenen erst einmal helfen, ihren Alltag wieder in den Griff zu kriegen. Im Anschluss kümmerten sie sich gemeinsam mit den Teilnehmenden darum, ihre Rückkehr ins Berufsleben vorzubereiten. Dabei kann schon das erste Bewerbungsgespräch nach langen Jahren seine Tücken haben: „Ich erinnere mich an eine Teilnehmerin, die direkt im Vorstellungsgespräch schlecht über ihre früheren Arbeitgeber gesprochen hat“, berichtet Christiane Horn. „Da unsere Sozialpädagogin die Teilnehmerin im Vorstellungsgespräch begleitete, hat sie im Einzelcoaching mit ihr darüber gesprochen, warum man das im Bewerbungsgespräch niemals tun sollte.“ Um diese Erfahrung reicher konnte die Teilnehmerin in ihren nächsten Vorstellungsgesprächen viel besser punkten und bekam nach einiger Zeit auch eine neue Stelle, erzählt Horn. Ein anderes Beispiel ist die Teilnehmerin Susanne Roth*: Die 52-Jährige konnte im individuellen Coaching ihr Selbstvertrauen stärken und machte sich beim Bewerbungstraining Schritt für Schritt mit dem Bewerben im Internet vertraut. „Für viele Teilnehmende ist das etwas völlig Neues“, sagt Horn. „Ich bin froh, dass das alles so gut geklappt hat und jetzt habe ich nach einem Erprobungspraktikum auch endlich wieder einen Job im Einzelhandel“, erzählt Susanne Roth stolz.

Selbstvertrauen stärken, Ängste ablegen
Christiane Horn betont, dass manche Arbeitslosigkeit auch schlicht ihre Ursache in völlig veralteten Berufsabschlüssen hat, die heute kein Betrieb mehr sucht. So wie zum Beispiel die „Fachkraft für Speisefette und -öle“. Durch die zahlreichen Absagen würden viele Teilnehmende den Mut verlieren, jemals wieder Arbeit zu finden: „Der Gedanke „Das schaffe ich sowieso nicht!“ muss erstmal wieder aus dem Kopf verschwinden, bevor man mit einem Praktikum anfängt“, meint die Projektleiterin. Einzelcoachings und Gruppengespräche seien der beste Weg, um das Selbstvertrauen zu stärken: „In der Gruppe spüren die Betroffenen direkt, dass sie mit ihren Sorgen ganz und gar nicht alleine sind.“ Einmal gab es im Projekt mehrere Mütter, die mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert waren. „Also haben wir einen Themenworkshop organisiert und Experten eingeladen, um mit ihnen über Kinder in der Pubertät zu sprechen“, erzählt Horn. „Nach dem Workshop haben die Mütter besser verstanden, warum die Kinder manchmal etwas Verletzendes zu ihren Eltern sagen und wie man damit umgeht.“

Betreuung mit langem Atem
Besonders hilfreich für den Erfolg des Projektes war die finanzielle Unterstützung durch den Europäischen Sozialfonds, betont Christiane Horn: „Wir sind das Sicherheitsnetz, das den Teilnehmenden spürbaren Rückhalt bietet. Egal ob beim Vorstellungsgespräch, während eines Praktikums oder in den ersten Tagen bei der neuen Arbeitsstelle. Wir bleiben in der Nähe und halten den Kontakt zum Teilnehmer und seinem Arbeitgeber aufrecht.“ Eine so intensive und ausdauernde Begleitung sei ohne die EU-Förderung kaum denkbar gewesen, sagt Horn. Deshalb müssten viele andere Maßnahmen für Langzeitarbeitslose auf eine so enge und langfristig angelegte Betreuung oft verzichten. Dabei ist schon der gefühlte Rückhalt so wichtig für viele Teilnehmende, die sonst wohl bereits bei den ersten Problemen aufgeben würden: „Natürlich haben auch wir Teilnehmer erlebt, die nach 15 Jahren Arbeitslosigkeit ihr erstes Praktikum schon nach knapp zwei Stunden abgebrochen haben. Aber die meisten Teilnehmenden hat unsere Betreuung motiviert, dranzubleiben!“

„Der ESF ermöglicht mehr Zeit für die Menschen“
Durch die ESF-Förderung konnten Christiane Horn und ihr Team viel flexibler auf die verschiedenen Bedürfnisse der Teilnehmenden eingehen: „Manche Teilnehmer waren völlig verschlossen und trauten sich anfangs kaum in die Gruppengespräche. Also haben wir Stück für Stück die Anwesenheitszeiten erhöht, sodass sich diese Teilnehmer langsam an mehr Zeit im Ausbildungsverbund gewöhnen konnten.“ So viel Geduld und Flexibilität wäre in vielen anderen Maßnahmen nicht möglich, weiß Christiane Horn. Im September 2019 ist die dreijährige Laufzeit von „Aktiv ins Berufsleben“ abgelaufen. Dadurch sollen die Teilnehmenden aber nicht komplett die Unterstützung verlieren: „Wenn ein Projekt bei uns ausläuft, suchen wir immer nach ähnlichen Projekten in der Region, die wir unseren Teilnehmenden mit guten Gewissen anbieten können. So können wir einen warmen Übergang für alle erreichen.“

Hier finden Sie weitere interessante Beispiele, wie die Menschen von EU-Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-Anhalt nachhaltig profitieren.

Weitere Quellen:
Informationen über das Operationelle Programm für den Europäischen Sozialfonds des Landes Sachsen-Anhalt

Portal „Europa vor Ort in Sachsen-Anhalt“ der Europäischen Kommission