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Gesundmacher aus der Flasche

Im Hofladen der Leinölmühle in Parchen gibt es Leinöl aus der Region

(Text und Bilder von Friedemann Kahl)

Wie flüssiges Gold leuchtet das frische Leinöl, wenn es Ernst-Adolf Kampe in seinem Hofladen in Parchen bei Genthin aus der Presse behutsam in Flaschen abfüllt. Bereits vor zwölf Jahren begann Bio-Landwirt Kampe mit dem Anbau von Lein. „Die Qualität der Samen war gut, damit musste man was anfangen“, erinnert sich Ernst-Adolf Kampe. Er kaufte sich eine Presse, füllte das Öl in 250-ml-Flaschen ab und verkaufte es auf Wochenmärkten. Heute nimmt er eine mobile Presse mit auf die Märkte, so können seine Kunden zusehen, wie das Öl gewonnen und ganz frisch abgefüllt wird. Während Kampe noch vor zehn Jahren der einzige war, der Leinöl auf den großen Wochenmärkten anbot, hat er mittlerweile Konkurrenz bekommen. Die Nachfrage hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. „Die Leute hinterfragen zunehmend ihre Ernährungsgewohnheiten und informieren sich über ihre Lebensmittel“, so Kampe.

Für den Landwirt gibt es keinen Zweifel: Leinöl ist die beste Medizin gegen Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Diabetes. Auch die Wissenschaft bescheinigt dem Öl eine gesundheitsfördernde und heilende Wirkung. Leinöl ist das Lebensmittel mit dem höchsten Gehalt an Omega-3-Fettsäuren. Untersuchungen ergaben, dass mit dem starken Rückgang des Leinölkonsums die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zunahmen, die mit einem Omega-3-Mangel in Verbindung stehen.

Nicht zuletzt deshalb hat sich der Landwirt dazu entschlossen, seinen Hofladen zu erweitern und die Leinölgewinnung für Besuchergruppen in einer „gläsernen Produktion“ sichtbar zu machen. Ein bestehendes Gebäude wurde dafür um einen etwa 140 Quadratmeter großen Anbau erweitert. Schon von außen werden die Besucher ganz auf Lein eingestimmt: an die Giebelseite ist eine riesige Leinpflanze gemalt, die Fensterrahmen sind farblich im Blau der Leinblüte gehalten und die Holzverkleidung der Fassade wurde mit Leinölfirnis gestrichen,  sodass sie goldgelb leuchtet. Für sein Projekt bekam Ernst-Adolf Kampe einen Fördermittelzuschuss vom Land Sachsen-Anhalt von rund 40.000 Euro. Davon kommen allein 32.000 Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Der Fonds unterstützt Projekte zur Dorfentwicklung und hilft kleinen Unternehmen ihre Einkommensmöglichkeiten zu erhalten. „Ohne die Förderung wäre ich die Erweiterung des Hofladens nie angegangen, das finanzielle Risiko einer reinen Kreditfinanzierung war mir zu hoch“, erklärt der 52-Jährige. Anregungen und Unterstützung bei seinem Vorhaben bekam der Landwirt zudem von der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) „Zwischen Elbe und Fiener Bruch“, die Aktionen und Investitionen der EU-Förderungen in der Region im Bottom-up-Prinzip entwickeln und koordinieren. Bereits 2007 wurde durch die LAG das Ziel „Ausbau der Direktvermarktung und des ökologischen Landbaus“ konzipiert und mit Einzelmaßnahmen umgesetzt.

Kampes Idee ging auf. Seit der Eröffnung des neuen Hofladens kommen Kindergruppen zum Basteln und erfahren nebenbei etwas über die gesundheitliche Wirkung des Leinöls. Vorbeifahrende halten aus Neugier an, um zu sehen, was sich in dem Haus mit der großen Pflanze an der Fassade verbirgt. Und die Leute aus der Umgebung kommen auch gern zu Ernst-Adolf Kampe, weil er neben dem Öl auch Gemüse, Wurst, Eier, Honig, Butter und  Käse verkauft. „In den Dörfern gibt es immer weniger Einkaufsmöglichkeiten. Da schätzen die Leute ein kleines Sortiment mit guten Produkten aus der Region“, sagt der Biobauer. Viele Kunden bestellen das Öl auch per E-Mail und bekommen es aus Parchen per Post zugeschickt. Neben der Ölgewinnung probiert sich Ernst Adolf Kampe auch an anderen Leinölprodukten. So hat er einen vegetarischen Brotaufstrich auf Leinölbasis im Sortiment und sogar Leinölseife, die eine Frau aus dem Nachbarort herstellt.

Für Landwirt Kampe ist Regionalität wichtig. Die Leinpflanzen lässt er deshalb auch von zwei Landwirten aus dem Jerichower Land anbauen. Viele Leinölproduzenten beziehen preiswerten Leinsamen aus Ländern wie Kanada, China oder Kasachstan. „Für ein gutes Öl muss die Qualität der Samen stimmen, deshalb möchte ich Einfluss auf den Anbau nehmen. Und da die Leinpflanze anspruchslos ist und fast überall wächst, muss man eigentlich nicht importieren“, ist sich der Landwirt sicher. Die Schrotrückstände, die nach der Ölpressung übrig bleiben, eignen sich hervorragend als Pflanzendünger. Der Leinschrotdünger ist in Kampes Hofladen deshalb fast genauso gefragt wie sein Öl.

Kontaktdaten

Leinölmühle Parchen
Burger Straße 18
39307 Parchen
Tel.: 0172-3478519
E-Mail: ernst-adolf.kampe(at)gmx.de

Öffnungszeiten Hofladen:
Do  10 bis 18 Uhr
Fr   10 bis 18 Uhr
Sa  10 bis 13 Uhr

Der ELER trägt in Sachsen-Anhalt mit rund 904 Millionen Euro EU-Mittel - ein Viertel der gesamten dem Land von der EU zugewiesenen Fördergelder - dafür Sorge, dass die Entwicklung des ländlichen Raums sich als integraler Bestandteil der Gesamtpolitik für Beschäftigung und Wachstum vollzieht. Zusammen mit der nationalen Kofinanzierung stehen öffentliche Ausgaben in Höhe von 1,16 Milliarden Euro bereit. Zusätzlich will Sachsen-Anhalt 240 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt beisteuern, so dass das Land rund 1,326 Milliarden Euro für die Entwicklung des ländlichen Raums einsetzen kann.