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Netz­werk gegen Vor­ur­tei­le

- von Kai Bie­ler -

Die „Netzwerk-​ und Ser­vice­stel­le für ge­schlech­ter­ge­rech­te Be­rufs­ori­en­tie­rung und Le­bens­weg­pla­nung in Sachsen-​Anhalt“ aus Mag­de­burg un­ter­stützt Ju­gend­li­che bei ihrer Be­rufs­wahl und steht Per­so­nen in ge­schlech­ter­un­ty­pi­schen Be­ru­fen zur Seite. Mit dem Län­der­ar­beits­kreis „Män­ner in Kitas“ hilft das vom Eu­ro­päi­schen So­zi­al­fonds (ESF) ge­för­der­te Netz­werk Män­nern, sich leich­ter in einem bis­lang un­ge­wöhn­li­chen Rol­len­bild zu­recht­fin­den.

In Lies­kau, einem klei­nen Dorf nur fünf Ki­lo­me­ter west­lich von der Saa­le­stadt Halle, be­treut Di­plom­päd­ago­ge Ste­fan König ge­mein­sam mit 13 Mit­ar­bei­te­rin­nen und zwei Mit­ar­bei­tern über 100 Kin­der zwi­schen acht Mo­na­ten und sechs Jah­ren sowie knapp 50 Hort­kin­der – ein for­dern­der Beruf, der neben einer fun­dier­ten Aus­bil­dung auch jede Menge so­zia­le Kom­pe­ten­zen vor­aus­setzt. "Freun­de und Be­kann­te waren da­mals mehr als über­rascht von mei­nem Vor­ha­ben in einer Kita zu ar­bei­ten", so König. Der land­läu­fi­gen Mei­nung nach seien Män­ner, die als Er­zie­her ar­bei­ten, zim­per­lich und wür­den den gan­zen Tag nur spie­len. Zudem sei diese Ar­beit doch Frau­en vor­be­hal­ten. Aus­schlag­ge­bend für Ste­fan Kö­nigs letzt­end­li­che Ent­schei­dung für den Beruf des Er­zie­hers, waren die Er­fah­run­gen, die er aus der El­tern­zeit mit sei­nem klei­nen Sohn mit­ge­nom­men hatte. "Erst das zeig­te mir, dass ich wirk­lich im­stan­de bin, einen sol­chen Job aus­zu­üben. Und als ich da­mals an­fing, wurde ich ent­ge­gen mei­ner Be­fürch­tun­gen sehr freund­lich von mei­nen Kol­le­gin­nen emp­fan­gen. Män­ner als auch Frau­en ste­hen dem an­de­ren Ge­schlecht in Sa­chen Fach­wis­sen und Kom­pe­tenz in kei­ner Weise nach", be­rich­tet König.

Chris­toph Damm von der "Netzwerk-​ und Ser­vice­stel­le für ge­schlech­ter­ge­rech­te  Be­rufs­ori­en­tie­rung und Le­bens­weg­pla­nung in Sachsen-​Anhalt" aus Mag­de­burg kennt sol­che Vor­ein­ge­nom­men­hei­ten nur zu gut. "Be­ru­fe, in denen viele Frau­en ar­bei­ten, wer­den auch heute noch vor allem mit wenig Auf­stiegs­chan­cen und ge­rin­ger Fach­qua­li­fi­ka­ti­on ver­bun­den, das heißt, ihnen wird auch von vor­he­r­ein eine ge­rin­ge­re Wer­tig­keit un­ter­stellt", er­klärt der So­zi­al­päd­ago­ge. "Per­so­nen, wel­che als Min­der­heit in Be­ru­fen tätig sind, in denen je­weils über­wie­gend Män­ner oder Frau­en ar­bei­ten, wird zudem oft­mals mit einer Art be­geg­net, die sie auf ein rein ge­schlecht­li­ches Rol­len­bild re­du­ziert", so Chris­toph Damm wei­ter.

Diese Vor­ur­tei­le ab­zu­bau­en, ist er­klär­tes Ziel der durch den Eu­ro­päi­schen So­zi­al­fonds (ESF) ge­för­der­ten Mag­de­bur­ger "Netzwerk-​ und Ser­vice­stel­le". Das Pro­jekt des "Kom­pe­tenz­zen­trums ge­schlech­ter­ge­rech­te Kinder-​ und Ju­gend­hil­fe" setzt dabei sei­nen Schwer­punkt neben der Kinder-​ und Ju­gend­ar­beit auch in der Er­wach­se­nen­bil­dung. "Mit groß­an­ge­leg­ten Ak­tio­nen wie dem Boys‘ Day und dem Girls‘ Day wol­len wir jun­gen Men­schen einen Ein­blick in un­ty­pi­sche Tä­tig­keit­be­rei­che geben", so Damm. Der Ein­satz und die Be­mü­hun­gen zur Auf­klä­rung zah­len sich mitt­ler­wei­le aus: Wäh­rend bei­spiels­wei­se von den etwa 16.000 päd­ago­gi­schen Kita-​Fachkräften in Sachsen-​Anhalt ge­ra­de ein­mal 1,9 Pro­zent Män­ner sind, liegt der männ­li­che An­teil bei den unter 30jäh­ri­gen im Land be­reits im zwei­stel­li­gen Be­reich. "Um die lang­sam wach­sen­de Zahl von männ­li­chen Er­zie­hern bei der Neu­fin­dung ihrer Rolle zu un­ter­stüt­zen, haben wir im Rah­men der ESF-​Förderung ge­mein­sam mit Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen den Lan­des­ar­beits­kreis Män­ner in Kitas, kurz "LAK Mika", ins Leben ge­ru­fen." In etwa vier­tel­jähr­li­chen Tref­fen dis­ku­tiert Damm mit der­zeit 42 Er­zie­hern über The­men wie Vor­ur­tei­le am Ar­beits­platz und Be­rufs­ori­en­tie­rung. "Die Re­so­nanz ist groß­ar­tig, zeigt uns aber auch, dass hier noch viel Ar­beit vor uns liegt." Auch Ste­fan König nimmt re­gel­mä­ßig an sol­chen Tref­fen teil: "Der Aus­tausch un­ter­ein­an­der schafft für mich und meine Kol­le­gen den nö­ti­gen Raum für Meinungs-​ und Er­fah­rungs­aus­tausch und hat sich zu einem fes­ten Be­stand­teil un­se­rer Kita-​Arbeit ent­wi­ckelt."

 

Der Eu­ro­päi­sche So­zi­al­fonds (ESF) ist das so­zia­le Ge­sicht Eu­ro­pas. Mit rund 640 Mil­lio­nen Euro un­ter­stützt die­ser Fonds der Eu­ro­päi­schen Union (EU) von 2007 – 2013 Beschäftigungs-​, Qualifizierungs-​ und Aus­bil­dungs­pro­gram­me des Lan­des Sachsen-​Anhalt. Bis 2013 wer­den so etwa 16 200 Pro­jek­te ge­för­dert und damit rund 245 000 Men­schen im Land di­rekt er­reicht.