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Offener Dialog zu Tierwohl in der Landwirtschaft

Das durch die Landesregierung initiierte Forum „Nutzierhaltung“ bringt erste konkrete Projekte hervor.

- von Kai Bieler -

In unserer Gesellschaft ist die Sensibilität für Fragen der Tiergesundheit und des Tierwohls enorm gestiegen. Daraus erwachsen auch zunehmend Akzeptanzprobleme für die moderne Nutztierhaltung, etwa bei der Genehmigung neuer Großanlagen oder dem Einsatz von Antibiotika. Um diesen zu begegnen, rief das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt zu Beginn des Jahres 2011 mit dem „Forum Nutztierhaltung“ unter Leitung der Mediatorin Kristina Oldenburg eine Plattform für den zukunfts- und lösungsorientierten Dialog zwischen Landwirten, Wissenschaftlern, Tierschützern, Umweltverbänden und Verwaltung ins Leben.

„Die moderne Nutztierhaltung steht im Spannungsfeld von ökonomischen Zwängen, Tierschutz und Bürger- und Verbraucherinteressen. Es wird zumeist gegeneinander geredet und nicht miteinander. Diese harten Fronten wollten wir mit dem Forum aufbrechen“, erklärte Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Dr. Hermann Onko Aeikens zum dessen vorläufigem Abschluss am 1. Dezember 2011 in Magdeburg. Als wichtigstes Ergebnis des Forums sieht Dr. Hermann Onko Aeikens die Tierhaltung noch stärker als bisher in der Pflicht, sich nach dem Wohl der Tiere und den Bedürfnissen der Anwohner auszurichten. Es gelte das Prinzip: „Die Haltungsbedingungen sind dem Tierwohl anzupassen, und nicht die Tiere an die Haltungseinrichtungen“, so Aeikens weiter.

Im Rahmen der Workshop-Reihe entstanden dazu eine Reihe von Projektideen. Bereits die Auftaktveranstaltung am 25. Februar 2011, die sich auch mit dem Einsatz von Abluftreinigungsanlagen  in der Nutztierhaltung beschäftigte, brachte dazu erste konkrete Ergebnisse. So werden künftig Anwohner in der Nähe von Tierhaltungsanlagen besser vor Geruchsbelästigungen geschützt werden. Dazu rückt bei der Prognose von Geruchsbelästigungen im Rahmen von Genehmigungsverfahren nicht nur der Schutzaspekt, sondern auch der Vorsorgeaspekt in den Fokus, Daraus ergeben sich deutlich schärfere Anforderungen für Neubauten sowie – unter Berücksichtigung von Übergangsfristen – auch für bestehende Anlagen.

In einem weiteren Workshop diskutierten die Teilnehmer des Forums ebenfalls über eine frühzeitige Einbeziehung von Bürgern vor Ort in den Entscheidungsprozess bei der Genehmigung und dem Betrieb von neuen Nutzieranlagen. Durch eine höhere Transparenz in allen Prozessphasen soll so die gesellschaftliche Akzeptanz für die moderne Nutztierhaltung gesteigert werden. Als erste konkrete Maßnahme wird das Landesverwaltungsamt dazu in Zukunft die Termine für Vorort-Kontrollen von Anlagen im Internet veröffentlichen. Ob darüber hinaus die bundesweit einheitlichen Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes mit dem Ziel einer stärkeren Bürgerbeteiligung im Rahmen einer Gesetzesinitiative der Landesregierung geändert werden können, wollen die beteiligten Partner im  Jahr 2012 weiter diskutieren.

Dann wird auch die als Ergebnis des Forums gegründete, interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Tierwohl“, ihre Arbeit aufnehmen, die strategische Konzepte zur Verbesserung der Tiergesundheit erarbeiten soll. Ziel des Vorhabens ist es, auf Basis vorhandener Daten praxisnahe Tierschutzindikatoren für die Haltung von Schweinen, Rindern und Masthähnchen sowie ein Ampelsystem zu deren Bewertung zu entwickeln. Flankierend dazu sind Beratungsangebote für landwirtschaftliche Unternehmen zur freiwilligen Verbesserung der Haltungsbedingungen und des betrieblichen Managements geplant.

Dann wird auch die als Ergebnis des Forums gegründete, interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Tierwohl“, ihre Arbeit aufnehmen, die strategische Konzepte zur Verbesserung der Tiergesundheit erarbeiten soll. Ziel des Vorhabens ist es, auf Basis vorhandener Daten praxisnahe Tierschutzindikatoren für die Haltung von Schweinen, Rindern und Masthähnchen sowie ein Ampelsystem zu deren Bewertung zu entwickeln. Flankierend dazu sind Beratungsangebote für landwirtschaftliche Unternehmen zur freiwilligen Verbesserung der Haltungsbedingungen und des betrieblichen Managements geplant.

Darüber hinaus plant das Landwirtschaftsministerium im Ergebnis des Forums die Förderung neuer Beratungsangebote, um die Landwirte in Sachsen-Anhalt auf die neuen Anforderungen in den Bereichen Tierschutz, Klimawandel, Wassermanagement und Erhaltung der biologischen Vielfalt im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) bis zum Jahr 2020 vorzubereiten. Einig waren sich die Forumsteilnehmer ebenfalls in dem Ziel, den Wissenstand über die Praxis moderner Landwirtschaft bei Kindern und Jugendlichen verbessern zu wollen. Dabei sollen die bestehenden schulischen Bildungsangebote analysiert sowie neue Lehrplaninhalte und Konzepte entwickelt werden. Bereits im Januar 2012 wird das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt dazu erste Gespräche mit dem Kultusministerium aufnehmen.

Aufgrund seines wichtigen Beitrages zur weiteren Ausrichtung der Fördermaßnahmen und Beratungsangebote im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) wurde das Forum Nutztierhaltung mit 26.400 Euro aus ELER-Mitteln gefördert.

Der ELER trägt in Sachsen-Anhalt mit rund 904 Millionen Euro EU-Mittel - ein Viertel der gesamten dem Land von der EU zugewiesenen Fördergelder - dafür Sorge, dass die Entwicklung des ländlichen Raums sich als integraler Bestandteil der Gesamtpolitik für Beschäftigung und Wachstum vollzieht. Zusammen mit der nationalen Kofinanzierung stehen öffentliche Ausgaben in Höhe von 1,16 Milliarden Euro bereit. Zusätzlich will Sachsen-Anhalt 240 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt beisteuern, so dass das Land rund 1,326 Milliarden Euro für die Entwicklung des ländlichen Raums einsetzen kann.