Berufsperspektiven für Alleinerziehende
- von Kai Bieler -
Neun von zehn Alleinerziehenden sind Frauen. Besonders junge Mütter sind dabei aufgrund einer fehlenden Ausbildung überdurchschnittlich oft armutsgefährdet. Der Ausbildungsverbund der Wirtschaftsregion Braunschweig/Magdeburg e. V. und das Familienhaus Magdeburg gGmbH wollen mit dem Projekt „MiA – Mütter in Ausbildung“ diesen Frauen im Raum Magdeburg eine langfristige wirtschaftliche Perspektive ermöglichen.
Alleinerziehende junge Frauen ohne Berufsabschluss stehen oft vor einem organisatorischen Konflikt: Natürlich gilt es die Erziehung der Kinder zu meistern, dennoch sollte auch Zeit und Engagement in eine Ausbildung investiert werden – denn erst diese sorgt dafür, dass später auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst werden kann. Auch das sachsen-anhaltische Ministerium für Arbeit und Soziales erkannte den Handlungsbedarf und schrieb 2010 einen Ideenwettbewerb mit dem Ziel aus, alleinerziehende Mütter in die Erwerbstätigkeit einzugliedern. Einer der Zuschläge für die eingereichten Projektkonzepte ging an den Ausbildungsverbund der Wirtschaftsregion Braunschweig/Magdeburg e.V., wo im September des gleichen Jahres das Projekt „Mütter in Ausbildung“ („MiA“) begründet wurde. „Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass Alleinerziehende bisher keine konkrete Ansprechperson in Magdeburg für ihre Belange hatten. Erst recht, wenn es um eine Ausbildung geht“, berichtet Sabine Will, Projektleiterin bei „MiA“. Das Programm, das zusätzlich über den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert wird, richtet sich gezielt an junge alleinerziehende Frauen bis 27 Jahre aus dem Raum Magdeburg. Es soll den Müttern, die noch nicht über einen Berufsabschluss verfügen, eine Anlaufstelle in Sachen Berufsorientierung und Vermittlung in eine Ausbildung bieten. Dabei wird es vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung begleitet und umgesetzt.
„Wir wollen den Frauen in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe geben“, hebt Projektleiterin Sabine Will hervor. So brauchen manche Teilnehmerinnen nur einen Tipp, um beruflich weiter voranzukommen, andere benötigten eine intensivere Beratung, nicht selten auch psychische Betreuung und finanzielle Neuordnung. Auf Wunsch bietet das „MiA“-Team mit geschulten Sozialpädagogen und Therapeuten den Teilnehmerinnen daher auch Beratung in Familien- und Erziehungsfragen an und gibt zudem praktische Hilfestellung. Diese reicht von Bewerbungstraining über die Suche nach einem geeigneten Kita-Platz bis zur Schuldenberatung. Das eigentliche Ziel jedoch sei es, die Teilnehmerinnen nach einer Berufsorientierung in eine passgenaue Ausbildung zu vermitteln und bis zum erfolgreichen Berufsabschluss zu begleiten.
„Wenn die Mütter beispielsweise bereits mehrfach eine Lehre abgebrochen haben“, erklärt Sabine Will, „wird es schwierig ohne Hilfe in eine neue Ausbildung zu kommen. Doch wir fangen sie auf und begleiten sie individuell auf ihrem weiteren Berufsweg. Dafür haben wir ein gut funktionierendes Unternehmensnetzwerk aufgebaut.“
Heike Düsterhöft, Geschäftsführerin der Autoservice Düsterhöft GmbH aus Magdeburg, vertritt eines der zahlreichen Partnerunternehmen, welche jungen Müttern eine Ausbildung in Teilzeit ermöglichen. Seit September dieses Jahres bildet die Kfz-Meisterin eine junge Mutter aus dem „MiA“-Programm aus, die bereits zwei abgebrochene Lehren hinter sich hat. „Unsere neue Auszubildende Juliane Nowitzki ist wirklich engagiert. Sie weiß, was sie will und zeigt viel Entschlossenheit, die Lehre durchzuziehen“, erzählt Heike Düsterhöft zufrieden. Als Alleinerziehende eine Ausbildung mit Kindern zu absolvieren, erfordere viel Rücksichtnahme und auch Flexibilität – von beiden Seiten, erklärt die Geschäftsführerin. So zeigt Heike Düsterhöft Verständnis, wenn ihre Auszubildende bei Krankheit ihrer Kinder früher die Arbeit verlassen muss und die junge Mutter holt dafür an anderen Tagen ein wenig Arbeitszeit auf. Die junge „MiA“-Teilnehmerin wird voraussichtlich 2016 ihren Abschluss als Kfz-Mechatronikerin machen.
Sabine Will zeigt sich über den bisherigen Verlauf des Projektes zufrieden. „ Wir mussten noch keinen einzigen Ausbildungsabbruch verzeichnen“, erzählt sie stolz. Bereits 55 Teilnehmerinnen betreut Sabine Will mit ihrem Team bisher. „Auch nach Projektende im August 2013 können die Teilnehmerinnen zu uns kommen“, versichert die Projektleiterin, „immerhin handelt es sich hier um über Jahre gewachsene Vertrauensverhältnisse.“ Zwar gäbe es schon seit Mitte der 90er Jahre immer wieder kleine Einzelprojekte, die junge Alleinerziehende betreuen, doch das langfristige Ziel sei es, ein Programm mit dauerhaften Strukturen aufzustellen. Deshalb werde sich der Ausbildungsverbund der Wirtschaftsregion Braunschweig/Magdeburg e.V. weiter an Ausschreibungen und Ideenwettbewerben beteiligen. „Bereits heute ist der Ausbildungsverbund Braunschweig/Magdeburg e.V. mit dem Aufbau eines Netzwerks für Alleinerziehende in Magdeburg betraut“, berichtet Sabine Will.
Weitere Informationen unter: www.abv-projekte.de/mia.html
Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das soziale Gesicht Europas. Mit rund 640 Millionen Euro unterstützt dieser Fonds der Europäischen Union (EU) von 2007 – 2013 Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Ausbildungsprogramme des Landes Sachsen-Anhalt. Bis 2013 werden so etwa 16 200 Projekte gefördert und damit rund 245 000 Menschen im Land direkt erreicht.