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Mehr Raum für For­scher

- von Kai Bie­ler -

An der Fa­kul­tät für Verfahrens-​ und Sys­tem­tech­nik der Mag­de­bur­ger Otto-​von-Guericke-Universität for­schen Wis­sen­schaft­ler an res­sour­cen­scho­nen­den und en­er­gie­ef­fi­zi­en­ten Pro­zes­sen für in­no­va­ti­ve, maß­ge­schnei­der­te Pro­duk­te. Seit der Ein­wei­hung des neuen La­bor­ge­bäu­des haben sich dabei die Vor­aus­set­zun­gen für For­schung und Lehre ent­schei­dend ver­bes­sert.

Für Sachsen-​Anhalts For­schungs­land­schaft war es eine wich­ti­ge Ent­schei­dung, als die Max-​Planck-Gesellschaft 1996 in Mag­de­burg ihr neues „Max-​Planck-Institut für Dy­na­mik kom­ple­xer tech­ni­scher Sys­te­me“ (MPI) an­sie­del­te, das die Brü­cke zwi­schen in­ge­nieur­wis­sen­schaft­li­cher Grund­la­gen­for­schung und in­dus­tri­el­ler An­wen­dung bil­den soll. Einer der po­si­ti­ven Ef­fek­te war die Neu­grün­dung der „Fa­kul­tät für Verfahrens-​ und Sys­tem­tech­nik“ an der be­nach­bar­ten Otto-​von-Guericke-Universität (OVGU). „Seit­dem un­ter­su­chen wir in vie­len ge­mein­sa­men Forschungs-​ und Ent­wick­lungs­pro­jek­ten ver­fah­rens­tech­ni­sche Pro­zes­se, mit deren Hilfe man aus Roh­stof­fen neue Pro­duk­te mit maß­ge­schnei­der­ten Ei­gen­schaf­ten für die In­dus­trie her­stel­len kann“, er­klärt Prof. Dr. Jür­gen Tomas, der von 2006 bis 2012 zum Dekan der Fa­kul­tät be­ru­fen wurde. So kön­nen aus Fein­che­mi­ka­li­en Me­di­ka­men­te ent­ste­hen, Kunst­stof­fe aus Erdöl oder hoch­wer­ti­ge Si­li­zi­um­ver­bin­dun­gen aus ge­wöhn­li­chem Quarz­sand. In der Ko­ope­ra­ti­on der bei­den Ein­rich­tun­gen er­kennt der For­scher eine klas­si­sche Win-​Win-Situation: „Die Ar­beits­grup­pen­lei­ter des Max-​Planck-Instituts leh­ren an der Uni­ver­si­tät und un­se­re Stu­den­ten wie­der­um kön­nen ihre Bachelor-​ und Mas­ter­ar­bei­ten sowie Dis­ser­ta­tio­nen am MPI an­fer­ti­gen. Dar­über hin­aus er­hal­ten sie di­rek­te Kon­tak­te in die freie Wirt­schaft – das er­öff­net allen Sei­ten fan­tas­ti­sche Syn­er­gien“, so Prof. Dr. Jür­gen Tomas.

Doch diese Po­ten­zia­le konn­ten jah­re­lang nicht in vol­lem Um­fang ge­nutzt wer­den. Denn für drei neu ge­schaf­fe­ne Lehr­stüh­le der Fa­kul­tät waren keine ei­ge­nen Lehr- und For­schungs­räu­me vor­han­den, wes­halb Pro­fes­so­ren und wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter vor­erst am MPI sowie im Fach­be­reich Ma­schi­nen­bau der Uni­ver­si­tät un­ter­ge­bracht wur­den. „Was zu­nächst nur als kurz­fris­ti­ges Pro­vi­so­ri­um an­ge­dacht war, ent­wi­ckel­te sich al­ler­dings auf­grund feh­len­der fi­nan­zi­el­ler Mit­tel zum Dau­er­zu­stand“, so der ehe­ma­li­ge Dekan. Erst im Jahre 2009 konn­te mit dem Bau eines neuen Ge­bäu­des für die Fa­kul­tät be­gon­nen wer­den – die Ge­samt­kos­ten be­lie­fen sich hier­bei auf 13.986.000 EUR. Fi­nan­ziert wurde das Pro­jekt zu drei Vier­teln über den Eu­ro­päi­schen Fonds für re­gio­na­le Ent­wick­lung (EFRE), wel­cher auch In­ves­ti­tio­nen in die Hochschul-​ und For­schungs­land­schaft för­dert. Die üb­ri­gen Gel­der steu­er­te das Land bei. Nach einer Bau­zeit von zwei Jah­ren fand im März 2011 die fei­er­li­che Er­öff­nung des vier­ge­schos­si­gen Neu­baus statt.

„In dem Ge­bäu­de ar­bei­ten seit­dem rund 60 Mit­ar­bei­ter, dar­un­ter drei Lehr­stüh­le der Verfahrens-​ und Sys­tem­tech­nik sowie ein Lehr­stuhl für die Sys­tem­bio­lo­gie. Über 40 Labor-​ und Vor­be­rei­tungs­räu­me aus­ge­stat­tet mit hoch­mo­der­ner Tech­nik ste­hen uns nun zur Ver­fü­gung“, be­rich­tet Dr. Chris­tof Hamel, wel­cher den Bau­ab­lauf als di­rek­ter Nut­zer und wis­sen­schaft­li­cher Be­ra­ter be­glei­te­te. „Nicht jedes Ge­bäu­de lässt For­schun­gen und ex­pe­ri­men­tel­les Ar­bei­ten im Be­reich der mo­der­nen Ver­fah­rens­tech­nik zu. Wir ar­bei­ten bei­spiels­wei­se nicht sel­ten mit gif­ti­gen Sub­stan­zen, was neben den gän­gi­gen Un­ter­su­chungs­ap­pa­ra­tu­ren al­lein schon eine um­fang­rei­che Lüf­tungs­an­la­ge und Si­cher­heits­über­wa­chung vor­aus­setzt.“ Der hoch­mo­der­ne Neu­bau schließt daher ein kom­ple­xes Gas­warn­sys­tem sowie be­geh­ba­re Ab­zü­ge mit ein. Häu­fig be­nö­tig­te Gase wie He­li­um, Koh­len­was­ser­stof­fe oder Syn­the­se­gas, kön­nen dar­über hin­aus zu jeder Zeit aus den haus­ei­ge­nen Lei­tun­gen ent­nom­men wer­den. Dank der um­fang­rei­chen tech­ni­schen Aus­stat­tung für die Wis­sen­schaft­ler, dar­un­ter Massen-​, Infrarot-​ und Raman-​Spektrometer, Gas- bzw. Hoch­leis­tungs­flüs­sig­keits­chro­ma­to­gra­fen sowie Fer­men­ter für bio­lo­gi­sche Un­ter­su­chun­gen, kön­nen kom­pli­zier­te Ana­ly­sen und Ver­su­che nun haus­in­tern vor­ge­nom­men wer­den.

So ar­bei­ten die Wis­sen­schaft­ler unter an­de­rem im Rah­men eines Transregio-​Sonderforschungsbereichs an der Ent­wick­lung völ­lig neu­ar­ti­ger Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se mit dem lang­fris­ti­gen Ziel, zu­künf­tig Kunst­stof­fe und Wasch­mit­tel schnel­ler und res­sour­cen­scho­nen­der aus nach­wach­sen­den Roh­stof­fen her­stel­len zu kön­nen. Die dafür be­nö­tig­ten neuen Me­tho­den und Werk­zeu­ge wer­den in den neuen La­bo­ren kon­zi­piert und ge­tes­tet. „Neben un­se­rer For­schungs­ar­beit be­kom­men wir auch An­fra­gen von re­gio­na­len Be­trie­ben, wel­chen wir Hil­fe­stel­lun­gen bei der Pro­zess­ent­wick­lung durch Grund­la­gen­un­ter­su­chun­gen geben“, so Dr. Hamel. „Vor der Fer­tig­stel­lung des Neu­baus wäre an ein so viel­schich­ti­ges Ar­bei­ten gar nicht zu den­ken ge­we­sen.“

„Na­mens­ge­ber für den Neu­bau sind die fran­zö­si­schen Na­tur­wis­sen­schaft­ler La­za­re Car­not, auf wes­sen Schrif­ten der be­kann­te Ko­si­nus­satz be­ruht, und des­sen Sohn Sadi Car­not, dem Be­grün­der der mo­der­nen Ther­mo­dy­na­mik“, er­läu­tert Prof. Tomas. „Die bei­den Ge­lehr­ten ste­hen nicht nur für be­deut­sa­me in­ter­dis­zi­pli­nä­re For­schung, son­dern haben auch zeit­wei­se in Mag­de­burg ge­lebt. Daher eig­ne­ten sich die Car­nots her­vor­ra­gend für die Na­mens­wahl.“ Als ge­stal­te­ri­sches Echo hallt die­ser Ein­fluss an Fens­tern und Glas­tü­ren des neuen Ge­bäu­des wie­der, wel­che stil­echt mit geo­me­tri­schen Zeich­nun­gen und For­meln der Wis­sen­schaft­ler ver­ziert sind. „Wir sind ab­so­lut glück­lich und dank­bar, dass die Fa­kul­tät einen so re­prä­sen­ta­ti­ven wie aus­ge­klü­gel­ten Bau zum For­schen er­hal­ten hat – nicht nur auf­grund der mo­der­nen Aus­stat­tung und den neuen Per­spek­ti­ven, die sich dar­aus für For­schung und Lehre er­ge­ben“, un­ter­streicht Prof. Tomas. „Durch das neue Ge­bäu­de ist un­se­re Fa­kul­tät greif­ba­rer ge­wor­den, die Ver­fah­rens­tech­nik an der OVGU be­sitzt end­lich eine ei­ge­ne Iden­ti­tät.“

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen unter: http://www.fvst.ovgu.de/

Der Eu­ro­päi­sche Fonds für re­gio­na­le Ent­wick­lung - der EFRE - in­ves­tiert ge­zielt in die Zu­kunft der Union als Gan­zes. 1,93 Mil­li­ar­den Euro ste­hen 2007-2013 für Sachsen-​Anhalt be­reit.

Die För­der­po­li­tik setzt auf die stärks­ten Mo­to­ren des Wirt­schafts­wachs­tums: klei­ne und mitt­le­re Un­ter­neh­men. In­no­va­ti­on, For­schung und In­fra­struk­tu­ren sind zu­sätz­lich im Fokus der För­de­rung. Ar­beits­plät­ze schaf­fen, Wachs­tum för­dern: Das sind die Haupt­zie­le der För­der­po­li­tik.