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Schnelle Hilfe bei Mietmängeln

Das Legal Tech Start-up Lawio kämpft mit EFRE-Mitteln für Mieterrechte

(Von Alexander Lorber, 20.05.2020)

Es war ein kalter Wintertag im Jahr 2017, als Lea Bötticher und Sebastian Blanke feststellten, dass die Heizung in ihrer Studierenden-WG in Berlin ausgefallen war. „Sogar die Warmwasserversorgung hat nicht mehr funktioniert, sodass ich zum Duschen ins Fitnessstudio fahren musste“, erinnert sich Lea Bötticher. „Wir haben natürlich umgehend versucht, Kontakt zur Hausverwaltung aufzunehmen, aber die war über mehrere Tage nicht erreichbar. Als wir sie schließlich doch erreicht haben, passierte auch nach Wochen gar nichts.“ Die beiden Studierenden fühlten sich im Stich gelassen. Lea Bötticher studierte damals Wirtschaftsrecht in Berlin. Also nahm sie erneut Kontakt zur Hausverwaltung auf, um eine Mietminderung durchzusetzen – erfolglos. Die Hausverwaltung ließ sie eiskalt sitzen. „Wir waren sehr frustriert, dass es so schwierig war, sein Recht einzufordern“, sagt Bötticher. So kam ihnen die Idee für das Online-Portal Lawio, das Mieterinnen und Mietern in ähnlichen Situationen hilft, ihre Rechte durchzusetzen. Zum Erfolg verhalf dem Legal Tech Start-up, also einem Unternehmen, das digital juristische Sachverhalte klärt, frisches Kapital in siebenstelliger Höhe von 1,2 Millionen Euro aus dem von der bmp Ventures AG („bmp“) verwalteten IBG Risikokapitalfonds III. Der Fonds wird durch Mittel des Landes und von der EU aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert und investiert in kleinere, innovative Technologieunternehmen mit Wachstumspotenzial in Sachsen-Anhalt.

Mehr Gerechtigkeit für Mieter
Anfang 2018 entwarfen Lea Bötticher und Sebastian Blanke die ersten Konzepte für ihr Unternehmen Lawio und suchten nach Mitgründern. „Wir haben ein paar Freundinnen und Freunde von unserem Vorhaben überzeugt und starteten schließlich zu fünft in die Gründung“, berichtet Bötticher. Gerade die Anfangszeit war für das junge Gründerteam extrem spannend. Als Vorbild nahmen sie sich die Serviceportale von Online-Dienstleistern, die ihren Klienten bei Zug- oder Flugausfällen helfen, ihre Entschädigungsansprüche einzuklagen. „Unser Ziel war es, das Geschäftsmodell in die Welt der Mieterrechte zu übertragen, damit Mieterinnen und Mieter es künftig einfacher haben, ihre Rechte gegenüber dem Vermieter durchzusetzen“, erklärt Bötticher. Es folgte ein arbeitsreiches Jahr, in dem das Team intensiv an der Entwicklung des neuen Produkts arbeitete. „Schließlich nahmen wir an einem Start-up-Inkubator in Berlin teil und entwickelten dort den ersten Prototypen“, so Bötticher. „Dann gelang es uns Anfang 2019, den Risikokapitalfonds auf uns aufmerksam zu machen.“ Durch das Investment mit EFRE-Mitteln konnte das Team endlich sein Internet-Portal an den Start bringen. Lawio zog schließlich nach Magdeburg und konnte sein Geschäftsmodell zum ersten Mal in der Praxis erproben.

Ein Algorithmus prüft den Sachverhalt
Auf der Website von Lawio können sich betroffene Mieterinnen und Mieter zunächst über die Grundsätze des Mietrechts informieren. Außerdem gibt die Website erste Tipps, was man tun kann. Zum Beispiel wie man Mängel richtig meldet, was man tun kann, wenn der Vermieter nicht antwortet, wenn man Schimmel findet oder die Heizung ausfällt und ab wann man bei Lärmbelästigung die Miete mindern kann. Im nächsten Schritt hilft Lawio dabei, den Anspruch auf Mietminderung zu prüfen und eine Entschädigung durchzusetzen. „Dafür haben wir einen Algorithmus entworfen, der den Mangel einordnet“, erläutert Lea Bötticher. Dafür müssen die Nutzer zunächst ein paar Fragen beantworten. „Der Algorithmus vergleicht dann ähnliche Fälle und ob ein Gericht in Deutschland zu so einem Fall ein Urteil gesprochen hat“, so Bötticher. Gibt es einen Referenzfall, kann man eine Mietminderung einfordern. Diese Arbeit übernimmt Lawio für seine Kunden. Da die Prüfung kostenlos ist und Lawio erst bei einer erfolgreich durchgesetzten Mietminderung eine Provision erhält, tragen die Nutzer kein Kostenrisiko.

Vom großen Erfolg überrascht!
Über den Erfolg ihres Online-Portals waren Lea Bötticher und ihr Team selbst überrascht: „In den ersten Tagen haben wir noch jeden eingehenden Fall gefeiert, doch mittlerweile wurden bereits hunderte Fälle an LAWIO abgegeben“, sagt die Wirtschaftsjuristin. Inzwischen konnte Lawio durch die finanzielle Unterstützung des Risikokapitalfonds III seinen Service weiter ausbauen und verbessern. Lea Bötticher ist sich sicher, noch Millionen Mieterinnen und Mietern in Zukunft über ihr Online-Portal schnell und unkompliziert helfen zu können, bei Mietmängeln eine angemessene Entschädigung zu erhalten. „Viele Mieter wünschen sich einfach, dass der Mangel beseitigt wird. Wenn sie durch uns erfahren, dass sie dazu noch Anspruch auf finanzielle Entschädigung haben, freut sie das natürlich umso mehr.“ Inzwischen hat das Unternehmen sein Angebot noch erweitert. „Weil die Mieten in deutschen Großstädten wie Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main und München immer weiter steigen, haben wir einen Mietpreisbremsen-Rechner online gestellt. So helfen wir Betroffenen, stark steigende Mieten gemäß dem Mietpreisbremsen-Gesetz erfolgreich zu senken.“

Hier finden Sie weitere interessante Beispiele, wie die Menschen von EU-Fördermitteln aus ELER, EFRE und ESF in Sachsen-Anhalt nachhaltig profitieren.

Weitere Quellen:

Presseportal „Europa vor Ort in Sachsen-Anhalt“ der Europäischen Kommission