Die Baustelle Burg
Schnelles Internet soll die Kreisstadt attraktiver machen
Von Bianca Kahl
Andrea Gottschalk nutzt das Internet seit den 90er Jahren und wollte heute nicht mehr ohne leben, sagt sie. Musik, Informationen, Videotelefonie mit den Kindern und Enkeln. "Ich kenne noch das 56K-Modem", erinnert sie sich schmunzelnd. Die Geräte, die 56 Kilobits pro Sekunde übertragen konnten, waren weit verbreitet, als das Internet mehr und mehr die deutschen Haushalte eroberte. Es dauerte eine Weile, bis sie sich mit Fiepen und Blinken über das analoge Telefonnetz eingewählt hatten. Das Warten mit Blick auf einen Ladebalken gehörte zu jedem Ausflug ins weltweite Netz. Heute hat Andrea Gottschalk das Glück, an einer der Straßen in der Stadt Burg zu leben, die bereits an schnelles Internet angeschlossen sind. Ihr fällt keine Situation ein, in der sie sich über eine stockende Verbindung geärgert hätte. Doch diesen Luxus können mehr als 12.000 andere Menschen in Burg noch nicht genießen. Ein Problem, an dem die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung arbeitet. Seit gut zwei Jahren ist sie mit dem Thema Breitbandausbau befasst. Die gute Nachricht: Eine Lösung ist in greifbarer Nähe.
Burger Bevölkerung wartet sehnsüchtig
Andrea Gottschalk ist die Sachgebietsleiterin für Wirtschaftsförderung, Tourismus, Kultur und Vergaben. An ihrem überfüllten Schreibtisch lässt sich ablesen, was zur Zeit alles in Burg passiert: Die Vorbereitungen für die Landesgartenschau im Jahr 2018 sind in vollem Gange, die drei zukünftigen Ausstellungsflächen und viele Straßen sind gesperrt, der Bahnhofsvorplatz wird neu gestaltet. Auf dem Schrank in Gottschalks Büro steht das Modell für einen von drei neuen Spielplätzen. Die Stadt gleicht einer riesengroßen Baustelle. Auch digital soll massiv umgebaut werden. So mancher wartet sehnsüchtig auf schnelles Internet und hat bereits bei der Stadtverwaltung nachgefragt. Es gibt Gewerbetreibende, die sich mit Hilfe von Richtfunk provisorische Insellösungen geschaffen haben. Doch nun ist endlich eine Lösung in Sicht: Der Kalender von Andrea Gottschalk zeigt eine dicke Markierung für Mittwoch, den 4. Oktober. An diesem Tag wird der Ministerpräsident Reiner Haseloff zum offiziellen Spatenstich nach Burg kommen. "Der flächendeckende Breitbandausbau steht ganz groß auf der Agenda der Landesregierung und wir sind eine der ersten Orte, die dies anpacken", erklärt die Sachgebietsleiterin, warum der Ministerpräsident persönlich kommt. Alle unterversorgten Gebiete in Burg sollen spätestens in zwei Jahren über schnelles Internet verfügen: 8000 Haushalte, 950 Unternehmen, eine Fläche von 40 Quadratkilometern. Im Grunde hofft Andrea Gottschalk, dass es schon Ende 2018 soweit sein wird. "So groß ist die Stadt ja nicht", schmunzelt sie.
2000mal schneller als die alten Modems
Insgesamt sind 12.300 von 23.000 Einwohnerinnen und Einwohnern betroffen. Sie sollen mit sogenanntem NGA-fähigen Internet versorgt werden. Die Abkürzung steht für "Next Generation Access", also den Internetzugang der neuen Generation. Es handelt sich dabei um Technologie, die auf Internetprotokollen basiert und die bisher üblichen Telekommunikationsnetze ergänzen soll. Die Daten werden dann digital und deutlich schneller übertragen. Geplant sind Geschwindigkeiten von 50 bis zu 100 Megabit/Sekunde. Letzteres entspricht 100.000 Kilobit und ist damit nahezu 2000mal schneller als die alten Modems, an die sich Andrea Gottschalk noch so gut erinnern kann. Ermöglicht wird das Ganze mittels einer Kombination aus Glasfaserkabeln und einer Aufrüstung der vorhandenen Kupferkabel. "Dafür sind aber zum Glück keine Erdarbeiten in der Stadt nötig - höchstens vereinzelt", sagt die Verantwortliche angesichts der vielen Baustellen und Straßensperrungen, die die Bewohnerinnen und Bewohner jetzt ohnehin schon belasten. Vielmehr werden spezielle, multifunktionale Schaltschränke installiert. Wenn neue Kabel gezogen werden müssen, liegen dafür bereits viele Leerrohre unter der Erde.
Nicht rentable Gebiete finanziert der Staat mit Hilfe aus dem EFRE
Die komplette Maßnahme übernimmt das private Unternehmen Telekom und investiert insgesamt etwa 4 Millionen Euro. Weil einige Gebiete aber wirtschaftlich unrentabel wären, springt der Staat mit rund 380.000 Euro ein. Davon werden wiederum 80 Prozent aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert. Die Sachgebietsleiterin ist sehr froh, dass die Zusammenarbeit mit allen Partnern und Behörden bisher so gut geklappt hat - vom Wirtschaftsministerium bis zur Investitionsbank. Neben größerer Stabilität und Geschwindigkeit in der Internetverbindung hoffen nun auch die Nutzerinnen und Nutzer, die schon jetzt von schnellem Internet profitieren, auf weitere Vorteile: "Die Aufrüstung wird hoffentlich den Markt noch etwas beleben", sagt Andrea Gottschalk. Denn wenn die notwendige Infrastruktur einmal geschaffen ist, könnte die gegenseitige Konkurrenz mehrerer Telekommunikationsunternehmen für günstigere Preise sorgen. "Das würde ich mir für die Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen." Doch bei einer Sache ist sich die Burgerin sicher: Schnelles Internet ist ein Standortvorteil, erleichtert Unternehmen die Arbeit und erhöht die Lebensqualität. Genau wie von den Vorbereitungen für die Landesgartenschau wird die Stadt auch von dieser Baustelle enorm profitieren.