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Ein Paket für mehr Bildung und Bewegung

Das Waldhaus am Bergwitzsee lädt zu einer Entdeckungstour in der Natur.

(Klaus-Peter Voigt, 17.01.2018)

In der warmen Jahreszeit übt der 180 Hektar große Bergwitzsee im Osten Sachsen-Anhalts eine fast magische Anziehungskraft aus. Wassersport, Reiten, Angeln, Minigolf –Erholungssuchende haben das kleine Paradies fest in Beschlag genommen. Der einstige Braunkohletagebau machte seit seiner Stilllegung 1955 eine gründliche Veränderung durch. In den 1960er Jahren begann die Rekultivierung des gesamten Areals. Dazu gehörte, dass das Restloch geflutet wurde.
Als Naherholungsgebiet scheint der See aus der Region nicht mehr wegzudenken. Das Bergwitzsee Resort lädt dort Gäste ein; ein langer Strand lockt Badelustige an, hüllenlos. Der Europaradwanderweg R1 sowie der Radweg Berlin – Leipzig führen am See vorbei.

Vom Schandfleck zum Haus der Generationen

Heidrun Weise gerät schnell ins Schwärmen, wenn sie von der touristischen Anziehungskraft des Landstrichs erzählt. Die engagierte Seniorin ist in Bergwitz zu Hause, hat ein gerütteltes Maß der Entwicklung miterlebt und mitgestaltet. Als Vorsitzende des Vereins „Elbaue-Heideregion-Kemberg“ e.V. hat sie sich einem ganz besonderen Projekt verschrieben. Das Waldhaus, nur wenige hundert Meter vom Strand entfernt, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem außergewöhnlichen Bildungs- und Bewegungszentrum entwickelt. Ursprünglich als Sauna kurz vor der politischen Wende in der DDR errichtet, ging es nach 1990 langsam in den Wirren der Marktwirtschaft unter, verfiel zusehends. „Diese Dreckecke störte uns gründlich“, erzählt Heidrun Weise. Am herrlichen See war sie ein doppeltes Ärgernis. Durch die Gründung der Einheitsgemeinschaft im Jahr 2012 als „Landstadt und Grünes Zentrum“ der Region begann eine Änderung der Situation. Die Kommune Kemberg mit ihren 14 Ortsteilen und rund 10.000 Einwohnern hatte einen Partner für die Entwicklung des Geländes gefunden. Die Diplomlehrerin im Ruhestand brannte für die Idee, Angebote speziell für Kinder und Jugendliche zu entwickeln, ihnen spielerisch Wissen zu vermitteln und Bewegung zu fördern. Darüber hinaus sollte das Waldhaus von Anfang an für alle Generationen offenstehen.

Kindergruppen geben sich die Klinke in die Hand

Heute wird es zunehmend schwerer, dort freie Termine zu bekommen. Stück für Stück hat es sich zu einem einzigartigen Bildungs- und Bewegungszentrum gemausert. Eine interaktive Ausstellung bietet den Jüngsten die Möglichkeit, einmal ganz ohne Smartphone und Computer die Umwelt zu entdecken. In den Räumen erfahren sie bei aktiver Beschäftigung Wissenswertes über die Elbauen und den Naturpark Dübener Heide, zu Handwerk und Industrie in den umliegenden Ortschaften. Schulklassen und Kindergartengruppen geben sich seit 2014 die Klinke in die Hand. Inzwischen bietet das Waldhaus einen ganz bunten Strauß von Veranstaltungen an. Abschluss- oder Klassenfeiern von Grundschulen sind ebenso möglich wie Bastelnachmittage oder Kindergeburtstage. Alles funktioniert im Wesentlichen über das Ehrenamt. Und darüber hinaus sind es Seniorengruppen, die sich treffen, oder Urlauberinnen und Urlauber vom nahen Bergwitzsee, die während der regulären Öffnungszeiten vorbeischauen.Seit dem vergangenen Jahr zeigt sich das Außengelände des Waldhauses ansehnlich neugestaltet. Für mehr als 80.000 Euro wurde es hergerichtet. Rund 64.000 Euro davon stammen aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), 6.000 Euro von der Stadt Kemberg und weitern Sponsoren, wie der Volksbank Dessau-Roßlau. Möglich macht die Förderung die Richtlinie LEADER und CLLD des Ministeriums der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt. Sie bildet die Grundlage dafür, dass Lokale Aktionsgruppen, wie hier die Lokale Aktionsgruppe Dübener Heide, bei innovativen und gemeinsamen, gebietsübergreifenden Projekten aus verschiedenen Fonds der EU unterstützt werden können. Damit werden sie in die Lage versetzt, für ihre Region strategisch wichtige Projekte umzusetzen.

Ein Labyrinth im Biberbau

Das Ergebnis: In Bergwitz sind eine Biber-Spielburg, ein 7-Sinne-Baumhaus sowie ein Kletter- und Balancierwald auf dem Waldaktivspielplatz entstanden. „Damit können wir ein richtiges Paket anbieten, das Bildung und Bewegung für die Mädchen und Jungen verknüpft. Das kommt sehr gut an“, berichtet die 74-jährige Vereinschefin. Sie zeigt auf den Biberbau. In dem rollstuhltauglichen Labyrinth können Gruppen gemeinsam agieren. Im Laufe der Jahre soll der von dicken Stämmen geprägte Tunnel weiter begrünt und inhaltlich gestaltet werden. An den Insektenhotels in unmittelbarer Nachbarschaft sind Naturbeobachtungen möglich. Im 7-Sinne-Baumhaus lassen sich Aufgaben zur Flora und Fauna der Region lösen. Viele der kleinen und großen Rätselfreundinnen und -freunde zeigen sich beispielsweise überrascht, dass der Mensch das Lebewesen ist, das im Wald den größten Lärm verursacht. Für Heidrun Weise hat das Waldhaus keinen abgeschlossenen Status. Mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern werden bereits die nächsten Pläne geschmiedet. Das Gelände hat noch jede Menge Potenzial.