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Die Schlacht im Taubenturm

Nach 900 Jahren können Artefakte eines historisch bedeutenden Gefechts gezeigt werden

(von Bianca Kahl)

Der geschichtsträchtige Platz heißt „Lerchenfeld am Welfesholz“. Ein sehr romantisch klingender Name für eine Fläche, auf der ein blutiges Gemetzel stattfand und wo anschließend Ritter und Soldaten unbestattet zurückgelassen wurden, auf dass sie ewig verdammt sein sollten. Manche sagen, auf dem Lerchenfeld zwischen Gerbstedt und Hettstedt wurde einst der Weg Deutschlands hin zu Kleinstaaterei und Föderalismus eingeschlagen. Ein Jahrhunderte dauerndes Schicksal, mit Blut besiegelt. Denn hier wurde am 11. Februar 1115, vor genau 900 Jahren, Kaiser Heinrich V. empfindlich geschwächt – von einer Allianz sächsischer Fürsten.

Edgard v. Stromberg schließt das Taubenhaus im kleinen Ort Welfesholz auf. Es dient heute als Museum. Seine Vorfahren nannten es noch „Brunnenhaus“. Bei der Sanierung im Jahr 2012 zeigte sich auch, warum. Denn nachdem man angebaute Schweineställe abgerissen, die Fassade instand gesetzt hat und sich nun dem Innenausbau widmete, legte man einen 26 Meter tiefen Brunnen frei. Rings herum hängen Fotos und Gegenstände aus der Geschichte des Ortes.

Welfesholz war einst ein Vorgehöft des Rittergutes Gerbstedt, im 19. Jahrhundert von Strombergs Vorfahren erworben. Die Familie wurde nach dem II. Weltkrieg enteignet, Edgard v. Stromberg kehrte erst nach dem Mauerfall wieder zurück. Heute ist der 81-Jährige der Ortsbürgermeister und Vorsitzender des Vereins „Schlacht im Welfesholz“. Für die Geschehnisse im Mittelalter kann er sich begeistern.

Vor 900 Jahren, zur Zeit der großen Schlacht, ist Welfesholz ein Wald in der Grafschaft Mansfeld gewesen. Der Kaiser sammelte seine Truppen unter dem Befehlshaber Graf Hoyer von Mansfeld in der Nähe von Sangerhausen – in der Königspfalz Wallhausen. Am 10. Februar zog das Heer zum 40 Kilometer entfernten Lerchenfeld und wurde dort von den sächsischen Fürsten und ihren Soldaten erwartet. Unter anderen hatten sich Lothar von Supplinburg, Wiprecht der III. von Groitzsch und Bischof Reinhard von Halberstadt verbündet. Sie kämpften gegen die Zentralisierung der Macht in der Hand des Kaisers.

Wie groß die beiden Heere waren, weiß man nicht. Doch sie sollen gleich stark gewesen sein. Den Überlieferungen zufolge sollen sie bei dichtem Schneetreiben bereits am Abend des 10. Februar aneinander geraten sein. Die eigentliche Schlacht am Folgetag blieb lange unentschieden, doch bei einem Zweikampf zwischen Graf Hoyer von Mansfeld und dem sächsischen Adligen Wiprecht von Groitzsch fiel der kaiserliche Heerführer. Anschließend wurden die Truppen des Kaisers vernichtend geschlagen und Heinrich V. zog sich mit den wenigen Überlebenden fluchtartig zurück.

Vom entscheidenden Zweikampf der beiden Heerführer haben sich die Welfesholzer Bürgerinnen und Bürger eine Nachbildung am Straßenrand aufgestellt. Sie steht direkt vor der Kapelle des Gutshofes. „Bevor die historische Anlage verfällt, hat sich der Gemeinderat Mitte der 90er Jahre entschlossen, den Gutshof zu kaufen“, erzählt Edgard v. Stromberg. Mit Mitteln aus der Dorferneuerung wurden die Gebäude anschließend saniert. Die Freiwillige Feuerwehr zog ein und ein Veranstaltungssaal wurde eingerichtet. 2013 erhielt die Stadt Gerbstedt, wo Welfesholz mittlerweile eingemeindet ist, rund 28.000 Euro Fördermittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). So konnte man für insgesamt 46.000 Euro schließlich den Innenausbau des Taubenturms in der Mitte des Hofs anpacken.

„Dann hatten wir endlich auch einen angemessenen Platz, um unsere über Jahre gesammelten Artefakte zur Schlacht im Welfesholz auszustellen“, freut sich Edgard v. Stromberg. Zu sehen sind heute Waffen und Ausrüstungsgegenstände, die auf dem ehemaligen Schlachtfeld ausgegraben wurden. Außerdem Abschriften von Berichten über die Schlacht aus den „Pegauer Analen“, den historischen Jahrbüchern eines Klosters in der Nähe von Leipzig, dazu eine nachgebildete Rüstung und ein großer Schaukasten, in dem das folgenschwere Gefecht mit kleinen Zinnfiguren in winterlicher Landschaft nachgestellt ist. So wird besonders für Schüler anschaulich, was sich einst auf dem nahegelegenen Schlachtfeld abgespielt hat. Nach der Besichtigung dort können sie im Taubenturm weitere Informationen erhalten. Auch für interessierte Tagestouristen schließt Edgard v. Stromberg den sanierten Turm gern auf.

Nach der Schlacht am Welfesholz zerstörten die Sachsen die Pfalzen Allstedt, Wallhausen, Tilleda und schließlich auch die Burg Kyffhausen. Der Kaiser verlor jeglichen Einfluss in Sachsen. Das Welfesholz war lange Zeit ein Wallfahrtsort und erinnerte an den Sieg der Sachsen.

Den Verein „Schlacht im Welfesholz“ gibt es seit 2005. Anlässlich des 900. Jahrestages veröffentlicht er eine Festschrift mit wissenschaftlichen Texten über die historische Bedeutung der Schlacht. Am 11. Februar 2015 haben die Mitglieder einen Gedenkstein auf dem Schlachtfeld feierlich eingeweiht.

www.schlacht-welfesholz.de