Menu
menu

Lehrer sind Brückenbauer

Integrative Bildung in der Grundschule setzt UN-Konvention um

- Grit Gröbel -

Die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen fordert die Länder auf, die Bildungsangebote in der Schule so zu verändern, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen erfolgreich in der allgemeinbildenden Schule lernen können, ihre Aktivität gefördert wird und sich ihre Möglichkeiten zur Teilhabe an der Gesellschaft verbessern. Mit der Unterzeichnung der UN-Konvention durch den deutschen Bundestag im März 2009 wurde das Recht auf inklusive Bildung anerkannt, spätestens seitdem stehen die Pädagogen auch in Sachsen-Anhalt vor neuen umwälzenden Aufgaben. Besondere Bedeutung kommt dabei den Grundschulen im Land zu. Auch deshalb, da der Schulanfang für jedes Kind ein wichtiges und das Leben veränderndes Ereignis darstellt, auf das es sich freut und das für Jahre seinen Entwicklungsweg bestimmt.
Die Pädagogen brauchen neue Kompetenzen und vor allem das Gefühl, mit der komplexen Herausforderung der pädagogischen Arbeit in einer heterogenen Lerngruppe nicht allein zu sein. Hier setzt ihre Fortbildung an, die vom Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert wird.

Insgesamt werden im Land 600 Lehrkräfte der Grund- und Förderschulen in vier einjährigen Kursen fortgebildet. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 536.500,00 Euro, finanziert von der EU mit etwa 402.370,00 Euro. Das Land bringt die Differenz auf.

Nur gemeinsam ist es zu schaffen

Derzeit sind es 68 Lehrkräfte, die sich, aufgeteilt in drei Gruppen, in Halle oder Magdeburg einmal im Monat treffen, um voneinander zu lernen, sich mit der Didaktik und Diagnostik auseinanderzusetzen und Unterrichtsbeispiele zu erproben. Dr. Ricarda Hübner, die Leiterin der Fördermaßnahme am Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA), verweist darauf, dass die Seminare nur einen Aspekt darstellen, um die Lehrkräfte auf die Herausforderungen der inklusiven Bildung vorzubereiten. Alle Grundschulen im Land verfügen seit diesem Schuljahr über eine sonderpädagogische Grundversorgung, d. h. ihnen wurden Förderschullehrer zugeordnet, die die Lehrkräfte beraten und aktiv unterstützen. Sowohl für die Förderpädagogen als auch für die Grundschullehrkräfte sei das nicht immer einfach, bedeute es doch eine stark veränderte Arbeitssituation. Deshalb ist das Zusammenarbeiten im Kurs um so wichtiger. Das Verständnis füreinander wächst, Probleme werden identifiziert und können so zum Vorteil der Kinder angegangen werden.

Grundschullehrerin Annette Kralisch aus Jessen ist beispielsweise froh, bei der Einführung integrativer Bildung an ihrer Schule im Kurs ganz praktische Hinweise zu bekommen. Martina Gorowska, Lehrerin an der Sprachheilschule in Halle meint ergänzend: „Oft müssen auch wir Lehrer selbst nach Lösungen suchen. Doch bei einem so umfassenden Prozess, wie er heute in den Schulen stattfindet, ist es gut, dass wir zusammen Lösungswege finden. Die inklusive Bildung funktioniert nur gemeinsam!“ Der Begriff der Inklusion bringt das Ziel der UN-Konvention auf den Punkt: Es geht um eine Schule, in der alle Kinder willkommen sind.

Förderung würdigt den Lehrerberuf

„Dass die Lehrerfortbildung aus Mitteln des ESF gefördert wird, ist keine Selbstverständlichkeit. Sachsen-Anhalt entschied sich ganz bewusst dafür und unterstreicht damit sowohl die wichtige Rolle der Lehrkräfte in der Gesellschaft als auch die Notwendigkeit ihrer Fortbildung, um den wachsenden Anforderungen ihres Berufsstandes gerecht zu werden.“ , sagt Dr. Christine Engelmann, pädagogische Beraterin am LISA für Maßnahmen der Lehrerfort- und Weiterbildung im Rahmen der ESF-Förderung. In der laufenden Förderperiode fließen rund 11 Millionen Euro aus dem ESF in die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte. Etwa 60 geförderte Projekte sind bereits realisiert bzw. gerade in der Durchführung oder Planung. „Bereits über 3.000 Pädagogen konnten auf diese Weise fortgebildet werden. Die Frauen und Männer aus dem aktuellen Kurs `Integrative Bildung in der Grundschule´ gehören dazu.“, fährt sie fort. Erlebt man die Kursteilnehmer bei ihrer Arbeit im Seminar und Workshop, so entsteht das Gefühl, dass hier Brücken entstehen. Und Brücken für die Chancengleichheit der Kinder können nie zu früh gebaut werden. Die Grundschule ist dafür ein passender Entwicklungshort.

Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das soziale Gesicht Europas. Mit rund 640 Millionen Euro unterstützt dieser Fonds der Europäischen Union (EU) von 2007 – 2013 Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Ausbildungsprogramme des Landes Sachsen-Anhalt. Bis 2013 werden so etwa 16 200 Projekte gefördert und damit rund 245 000 Menschen im Land direkt erreicht.