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Die Mischung macht´s

Warum Mischwälder trotz anfänglicher Schwierigkeiten den Forstbetrieben mehr nutzen

(von Bianca Kahl)

Rund 60 Prozent der Wälder im Land Sachsen-Anhalt bestehen allein aus Nadelbäumen. Eine Folge des möglichst hohen wirtschaftlichen Nutzens, den der Wald seinen Eigentümern bringen soll. Doch Monokulturen bringen auch viele Probleme mit sich. Das ist dem jungen Waldbesitzer Gordon Preetz bewusst. Neben der höheren Brandgefahr sind reine Nadelwälder auch anfälliger für Schädlinge und Sturmschäden. Mischwälder machen das Ökosystem stabiler und sind auch wertvollere Lebensräume, weil sie eine höhere Artenvielfalt beherbergen. Doch viele Waldeigentümer zögern noch. Sie schrecken vor dem höheren Aufwand zurück, den ein Mischwald zunächst mit sich bringt – auch in finanzieller Hinsicht. Ein Förderprogramm der EU und des Landes will dies ändern. 

Gordon Preetz machte in den vergangenen Jahren selbst leidliche Erfahrungen mit Monokulturen. Im Dezember 2010 sorgte ein langanhaltender Eisregen dafür, dass er eine 0,65 Hektar große Fläche kahlschlagen musste. Weitere Kahlschläge wurden an anderen Stellen notwendig, weil der dortige Bestand aus 125 Jahre alten Kiefern bereits zu stark ausgelichtet war.

Seit 2009 bewirtschaftet Gordon Preetz über die Land und Forst Altmark GbR, zu der auch vier andere Gesellschafter aus seiner Familie gehören, Waldflächen im Raum Fleetmark. Für ihn eine Möglichkeit, sich für seine Region zu engagieren und die vorhandenen Ressourcen sinnvoll zu nutzen und auszubauen. Unter der Woche fährt der 28-Jährige nach Niedersachsen und arbeitet dort als Vermesser. Abends und am Wochenende kümmert er sich um die Wälder seiner Heimat.

Im Rahmen der GbR hat der junge Mann rund 13 Hektar Wald unter seiner Obhut. Über Jahre hinweg arbeitete er sich in das fachfremde Gebiet ein. Er weiß: ein intaktes Waldökosystem bindet Kohlendioxid und kann so die Auswirkungen des Klimawandels mindern. Doch die vorherrschenden Kiefernmonokulturen bereiten ihm Sorgen.

Gleichzeitig ist sich Preetz sicher: "Es wäre definitiv das falsche Signal, sich in Deutschland allein auf den Naturschutz zu konzentrieren und Holz aus der Dritten Welt zu importieren." Dort werde dann Raubbau betrieben, während die Deutschen stolz darauf seien, ihre heimischen Wälder nicht anzufassen. "Im Gegenteil: Deutschland muss mit seinem Rohstoff Holz eine Vorbildfunktion einnehmen", findet er. Bereits jetzt herrschen hierzulande hohe Standards. Zum Beispiel sind Waldbesitzer gesetzlich dazu verpflichtet, kahl geschlagene Flächen innerhalb von drei Jahren wiederaufzuforsten.

Sinnvoll wäre es dann natürlich, nicht nur Nadel-, sondern auch Laubbäume zu pflanzen. Denn ein naturnaher Wald stellt einen guten Kompromiss dar zwischen Umweltschutz und der Nutzfunktion des Waldes. "Deshalb bemühen wir uns in der Forstwirtschaft seit Jahren darum, den Wald umzubauen." Auch, wenn dies zuerst einige Nachteile mit sich bringt.

Gemeinsam mit dem Revierförster Frank Harder und anderen begutachtet Gordon Preetz die drei Flächen, die er vor einigen Jahren kahlschlagen musste. Stieleichen, Lärchen, Bergahorn und Rotbuchen hat er hier in den Jahren 2011 und 2013 angepflanzt – insgesamt über 11.600 auf einer Fläche von 2,5 Hektar. Der Anteil an Laubhölzern auf den drei Flächen beträgt jetzt bis zu 42 Prozent. Dies ist auch der Natur zu verdanken, die durch wild angeflogene Birken weiteres Laubholz dazuschenkte. Diese vertragen sich gut mit dem altmärkischen Sandboden und gedeihen wunderbar. Bereits vier Meter hoch sind sie gewachsen. Auch die Lärchen schießen in die Höhe. Währenddessen fassen die Buchen nur langsam Fuß und die zierlichen Eichen, eine wertvolle Holzart, machen Preetz fast Sorgen. „Sie müssen erst mit den Wurzeln das Grundwasser erreichen. Diese hier sind jetzt fünf Jahre alt. Ich hoffe, dass sie bald abgehen“, erklärt Preetz.

Laubbäume wachsen langsamer. Zudem muss man die empfindlichen jungen Bäume vor Verbiss schützen, indem man teure Zäune errichtet. Sie sollen das Reh- und das Damwild abhalten und auch die wilden Muffelherden, die sich mal hierher verirren könnten. Gegen die Wühlmäuse, die von den nahen Feldern kommen und hier im Wald sicher vor Greifvögeln sind, können die Zäune nichts ausrichten. Auch die Brombeere, die anfangs die frisch gepflanzten Setzlinge überwuchern, halten sie nicht zurück.

"Andererseits zeigt uns die Brombeere, dass hier ein guter Standort ist – nährstoffreicher Boden", freut sich Preetz über die gesunde Vegetation auf seinen Flächen. Insgesamt fast 17.000 Euro haben er und seine Mitgesellschafter in den vergangenen Jahren investiert, um die Flächen wiederaufzuforsten. "Einen großen Teil davon in die Zäune", erinnert er sich. Das erste Holz – das der Lärchen – wird er frühestens in 25 Jahren verkaufen können. Die Eichen hat er höchstens zum Nutzen seiner Enkelkinder gepflanzt. Vielleicht. Denn an Enkelkinder ist heute natürlich noch nicht zu denken.

Viele Gründe, warum Waldbesitzer noch immer davor zurückschrecken, Laubbäume anzupflanzen. Ungünstige Strukturen tragen einen weiteren Teil dazu bei: Die einzelnen Waldflächen in Sachsen-Anhalt sind oftmals relativ klein, ungünstig gestaltet und zerklüftet. Die einzelnen Teilstücke liegen verstreut und haben viele verschiedene Besitzer. "Kleinprivatwald" oder "Gemengelage" nennen das Fachleute wie Gordon Preetz. Die einzelnen Eigentümer sind häufig nicht stark genug, um die größeren Herausforderungen des Mischwaldes zu stemmen. Was sie aber in vielen Fällen nicht wissen: Es gibt attraktive Förderprogramme, um sie zu unterstützen.

Gordon Preetz hält nicht mit Zahlen zurück: Von den 17.000 Euro, die hier für Pflanzung und Kulturpflege investiert worden sind, kamen allein rund 11.000 Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für regionale Entwicklung. Zudem verdankt er fast 3000 Euro der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK).

Schließlich erfüllt der Wald auch wichtige Aufgaben für das Allgemeinwohl. Er liefert nicht nur den nachwachsenden Rohstoff Holz, sondern auch sauberes Trinkwasser, dient der Erholung, sichert die Artenvielfalt und mindert die Bodenerosion. Ein robuster Wald, der dem Klimawandel trotzt, dient allen.

Stabile, widerstandsfähige Mischwälder könnten die ökologische und gleichzeitig die ökonomische Leistungsfähigkeit der heimischen Wälder erhöhen, weil sie die Risiken für Schäden minimieren. So bleiben regionale Forstbetriebe lebensfähig, könnten die holzverarbeitende Industrie beliefern und auch die regionale Versorgung mit erneuerbaren Energien sichern.