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Mit Pedalritt die Region Dessau-Roßlau ankurbeln

Oder: Wie ein Radweg Effekte für den Tourismus und die Entwicklung des ländlichen Raums auslöst

-von Grit Gröbel-

Mit den Weltkulturerbestätten Gartenreich Dessau-Wörlitz und Bauhausstätten, den Naturparks Dübener Heide und Fläming sowie dem Biosphärenreservat Mittelelbe besitzen Stadt und Region Dessau-Roßlau eine einmalige Konzentration bedeutender Kultur- und Naturschätze. Dank der ebenen Landschaft kann sie leicht per Rad entdeckt werden. Und Aktivurlaub ist beliebt! Dem Fahrradtourismus in Deutschland sind etwa 153 Millionen Tagesreisen und 22 Millionen Übernachtungen pro Jahr zuzuordnen. So die vom Deutschen Tourismusverband 2009 erstmals herausgegebene Grundlagenstudie.

Die überregionale Radroute Gartenreichtour Fürst Franz führt durch die einzigartige Elbauenlandschaft und verbindet die Schlösser und Parks. Ab kommendem Jahr soll die Gartenreichtour als Rundkurs vervollständigt werden und die Attraktivität der Route wesentlich erhöhen. In diesem Jahr erfolgt die Fertigstellung des Abschnitts Mosigkau. Damit ist die vorletzte Etappe auf dem Weg zum Lückenschluss geschafft. Diesem fiebern die touris- musnahe Wirtschaft aber auch die Dessauer selbst entgegen. Damit es klappt, tritt die EU als Finanzierungspartner im übertragenen Sinn mit in die Pedale.

Dessau-Roßlau ist von einem 280 km langen Wanderwegenetz umgeben. Der bedeutendste dieser Wege ist die Gartenreichtour Fürst-Franz, auf der bis heute die Ideen von Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau nachzuvollziehen sind. Doch noch müssen sich die Radler in Geduld üben und mit ihrem Drahtesel eine Kehrtwende an der Taubebrücke bei Mosigkau machen. Noch! Denn derzeit wird der Weg für die Radtouristen und Einwohner flott gemacht. Bereits vorhandene land- und forstwirtschaftliche Wege werden dabei aus ihrem schlechten Zustand geholt und als Multifunktionswege aufgewertet. Wenn die rund 1,5 km saniert sind, folgt bis zum nächsten Sommer der zweite Bauabschnitt, nach dessen Fertigstellung der Fürst-Franz-Weg vollständig als Rundtour befahrbar wird. Doch schon heute lohnt sich der Ausflug bis hierher. Denn in Mosigkau lädt nicht zuletzt das Rokokoschloss zum Verweilen ein. Selbst an der Taubebrücke möchte man wie einst Goethes Faust ausrufen: Verweile doch, du bist so schön!

Und wer als Gast in Dessau-Roßlau verweilt, der wird zuhause viel über das Kultur- und Naturland zu erzählen haben, die Region weiterempfehlen und nicht zuletzt hier nächtigen, einkaufen, Köstlichkeiten genießen. Kurz um: Es sich gut gehen lassen. Deutschlandweite Gesamtumsätze in Höhe von 9,16 Mrd. Euro pro Jahr unterstreichen den wirtschaftlichen Stellenwert des Fahrradtourismus, so die benannte Studie. Dieser Bedeutung sind sich auch die Stadtväter bewusst. „Anlass war es, Dessau-Roßlau besser zu vermarkten. Gemeinsam mit den Ortschaftsräten und dem Tiefbauamt wurde zusätzlich die regionale Rundtour Dessau-Roßlau entwickelt, die übrigens im Radwegeplan Sachsen-Anhalt verankert ist und die im Südteil auf dem Fürst-Franz-Weg verläuft.“, berichtet Susanne Drigert vom Tiefbauamt. „Doch die Tour war nie durchgehend befahrbar. Deshalb entschlossen wir uns, die Wege auszubauen und für den noch kommenden Bauabschnitt die Streckenführung zu regeln.“, so die Dessauerin weiter und meint damit den Flächentausch mit der Deutschen Bundesstiftung für Umwelt, in derer Obhut das Gebiet des ehemaligen Truppenübungsplatzes ist.

Geht es um die touristische Aufwertung der Region, so arbeitet die zuständige Abteilung des Tiefbauamtes Hand in Hand mit dem Tourismusmarketing der Wirtschaftsförderung. Zugleich ist die Stadt Dessau-Roßlau als Träger des Leader-Projektes „Rundtour Dessau-Roßlau“ Mitglied in den beiden lokalen Aktionsgruppen der Leader-Regionen „Anhalt“ und „Mittlere Elbe/Fläming“. Die Stadt nimmt darüber als Teil des ländlichen Raumes in Sachsen-Anhalt Verantwortung für die Entwicklung ihres Umlandes und ihrer Ortschaften wahr. Mit dem Integrierten ländlichen Entwicklungskonzept der Region „Anhalt“ und den Leader-Konzepten wurden dafür die strategischen Schwerpunkte gesetzt. Ein Leitziel darin ist die „Aufwertung und Vernetzung des Kultur- und Naturraumes der Region“, Leitprojekt ist die „Fahrradfreundliche Region“.

Durch Aktionsgruppe innerhalb von LEADER war der Weg zur Förderung frei

Über die Mitwirkung in den Leader-Gruppen und die Anerkennung der Rundtour als regional bedeutsames Leader-Projekt ergibt sich die Möglichkeit der Förderung durch die Europäische Union. Bis zu 75 % des Zuschusses für den Wegebau trägt der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Das hilft der Kommune. Kostet doch der erste Bauabschnitt von der Planung bis zur Fertigstellung rund 270.000 Euro. Beim Flächentausch wird der EU-Fonds nochmals durch die Übernahme von bis zu 85 % der förderfähigen Gesamtkosten unterstützen.

Das ist gut eingesetztes Geld – über den Tourismus hinaus. Denn mit dem Ausbau der Wege wird die Infrastrukturbedingung für die Land- und Forstwirtschaft verbessert, die Einwohner erhalten eine neue Wegeverbindung und kommen vor allem schneller von Ortsteil zu Ortsteil. „Wir erhoffen uns auch, dass künftig mehr Radfahrer, die auf dem Elberadweg und dem Europaradweg R1 unterwegs sind, auch die Gartenreichtour und die Rundtour nutzen.“, ergänzt Susanne Drigert. Sie selbst ist passionierte Radlerin. „Als Dessauer wird man als Radfahrer geboren“, gibt sie mit einem Schmunzeln kund. Auf die Frage, ob sie in der Freizeit auch auf dem Fürst-Franz-Radweg anzutreffen sei, folgt ein promptes: Ja. Und die freie Zeit wird auch gern mal mit den Kollegen verbracht. Als fahrradfreundliches Amt treten sie bei Ausflügen gemeinsam kräftig in die Pedale.

Der ELER trägt in Sachsen-Anhalt mit rund 904 Millionen Euro EU-Mittel - ein Viertel der gesamten dem Land von der EU zugewiesenen Fördergelder - dafür Sorge, dass die Entwicklung des ländlichen Raums sich als integraler Bestandteil der Gesamtpolitik für Beschäftigung und Wachstum vollzieht. Zusammen mit der nationalen Kofinanzierung stehen öffentliche Ausgaben in Höhe von 1,16 Milliarden Euro bereit. Zusätzlich will Sachsen-Anhalt 240 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt beisteuern, so dass das Land rund 1,326 Milliarden Euro für die Entwicklung des ländlichen Raums einsetzen kann.