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Alle unter einem Dach

Durch ein neues Bürgerhaus hat Mosigkau wieder ein Dorfzentrum

(von Friedemann Kahl)

Wenige Meter entfernt vom bekannten Rokoko-Schloss Mosigkau steht die „Alte Schäferei“. Während sich im „kleinen Sanssouci“, wie das Schloss liebevoll genannt wird, alles um die Vergangenheit dreht, hat man in der „Alten Schäferei“ die Zukunft im Blick.
Dafür gibt es sogar einen eigenen Verein: den Verein zur Förderung der Dorfentwicklung Mosigkau e.V. „Mosigkau fehlte ein Ortszentrum. Ein Treffpunkt, wo die Menschen zusammenkommen und Vereine, Institutionen und Privatpersonen unterschiedlichste Aktivitäten durchführen können“,  erzählt Siegfried Büttner, der im Vorstand des Vereins mitarbeitet. Die Situation verschärfte sich, als die Grundschule im Ort schloss, deren Räumlichkeiten auch verschiedene Interessensgruppen nutzten. „Wir brauchten eine Lösung. Allen war klar, dass etwas passieren muss, um unsere dörfliche Gemeinschaft zu festigen und die Lebensqualität im Ort zu steigern“, so Siegfried Büttner. In dieser Lage rückte ein Projekt in den Mittelpunkt der Überlegungen, das bereits 2007 in das Konzept der LEADER-Aktionsgruppe als „Dorfzentrum am Schloss Mosigkau“ aufgenommen wurde. Das Projekt sah unter anderem vor, die „Alte Schäferei“ in ein Bürgerhaus umzubauen. Und so geschah es – 2013 begannen die Bauarbeiten. 

Das Gebäude, 1747 als Schlossschäferei errichtet, diente früher sogar als Rathaus von Mosigkau und beherbergte die vergangenen Jahrzehnte einen Kindergarten.
„Als wir mit dem Ausbau begannen, wussten wir nicht, auf was wir uns einlassen. Sich durch das Dickicht an Fördermittelanträgen und Ausschreibungen zu kämpfen, war Neuland für uns. Aber es funktionierte alles erstaunlich gut“, erinnert sich Vorstandsmitglied Büttner. In der ersten Bauphase wurden zunächst das Dach und die Fassade erneuert sowie das Erdgeschoss ausgebaut. Von den rund 315.000 Euro, die bisher in die Sanierung der „Alten Schäferei“ investiert wurden, stammen gut 150.000 Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Dieser Fond unterstützt in Sachsen-Anhalt unter anderen mit dem Förderprogramm Dorferneuerung und -entwicklung investive Projekte, die durch eine aktive Innenentwicklung die Dörfer lebenswert erhalten. Gerade durch die Nutzung leerstehender Gebäude in den Ortskernen für Projekte der Daseinsvorsorge, wie hier in Mosigkau, wird nicht nur Erhaltenswertes erhalten und das Ortsbild verbessert sondern auch die Vitalität des Ortskernes wesentlich verbessert.

Nicht nur die Vereinsmitglieder, sondern auch viele Mosigkauer haben die Bauarbeiten für „ihr“ Bürgerhaus nach Kräften unterstützt. Über 5.600 Arbeitsstunden in Eigenleistung brachten die Bürger in die neue „Alte Schäferei“ ein. Der älteste freiwillige Helfer war 84 Jahre alt. Auch Siegfried Büttner, der eigentlich als Versicherungskaufmann arbeitet, ist beruflich etwas kürzer getreten, um sich stärker dem Bürgerhaus zu widmen. „Es ist auch eine gewisse Pflicht, die auf einem lastet. Wenn so viel Geld investiert wird, möchte ich am Ende auch, dass es rund läuft“, sagt der 62-Jährige.

Das neue Bürgerhaus ist so konzipiert, dass sich auf der relativ kleinen Fläche möglichst viele Nutzungsmöglichkeiten bieten. Neben der Küche, den barrierefreien Toiletten und dem Vereinsbüro sowie den Räumlichkeiten für den Ortschaftsrat, ist deshalb der Mehrzweckraum das Herzstück des Bürgerhauses. Hier ist Platz für Chorproben, Vereinssitzungen, Kreativzirkel, Kulturveranstaltungen oder Familienfeiern. Mit Tischen und Stühlen bestückt,  fasst der Raum 50 Leute. Im Dachgeschoss, das 2015 fertig ausgebaut wird, soll ein Raum für die Jugendlichen im Dorf entstehen. „Uns ist wichtig, dass das Bürgerhaus von Jung und Alt genutzt wird“, unterstreicht Siegfried Büttner.

Um eine mangelnde Nutzung muss sich der Trägerverein momentan keine Sorgen machen. Im Gegenteil, es erfordert einiges an Organisationsgeschick, um alle Interessenten unterzubringen und Termine nicht doppelt zu vergeben. Die laufenden Unterhaltskosten werden mit Nutzungsentgelten, Mitgliedsbeiträgen und Spenden abgedeckt. Der Verein organisiert deshalb auch Veranstaltungen wie das „Frühjahrssingen“, Floh- und Büchermärkte sowie Vortragsreihen. „Wir müssen weiter kreativ bleiben und die Dinge in die Hand nehmen. Dann wachsen wir auch als Dorfgemeinschaft stärker zusammen. Und aus einem einst strukturellen Defizit wird eine Erfolgsgeschichte“, hofft Siegfried Büttner. Die Dorfgemeinschaft von Mosigkau hat sich in beeindruckender Weise etwas Gemeinsames geschaffen und gemeinsam ein Stück Identität bewahrt.